Zu dieser Ausgabe

Die "jüdische Geschichte" (Dan Diner) nimmt, ausgehend von den Bruchlinien der europäischen Geschichte im 20. Jahrhundert, bis heute Einfluß auf die Weltpolitik und hat für die Kultur- und Geisteswissenschaften eine erkenntnisleitende Funktion. Denkt man an die politisch Verantwortlichen in Washington, Jerusalem oder Berlin, berücksichtigt man mit Blick auf den Nahen Osten die pragmatischen Erfordernisse an die Diplomatie im israelisch-arabischen Konflikt, vergegenwärtigt man sich die Exilierten in der Diaspora und die Koalitionäre der Konfliktparteien in den verschiedenen Regionen der Welt, dann wird klar, wie nachhaltig und bestimmend dieser Einfluß nach wie vor ist. Dabei entsteht der Eindruck, daß die Lehren, die aus der der Geschichte zu ziehen sind, vor allem in den und durch die Wissenschaften und die Literatur gezogen werden, während im politischen Alltag und im Terror und Gegenterror erzwungener Nachbarschaften alle Anstrengungen zur De-Eskalation scheitern.

Der Schwerpunkt Judentum und Antisemitismus, den wir in dieser Ausgabe beginnen und in der September-Ausgabe abeschließen werden, beschäftigt sich mit den sehr unterschiedlichen Aspekten jüdischer Geschichte im 20. Jahrhundert, mit den Folgen der beiden Weltkriege, mit Flucht, Exil und Vertreibung, mit den Gedächtnisleistungen der Literatur und der persönlichen und akademischen Geschichtsschreibung und ihren Folgen für die heutige Gesellschaft als Weltgesellschaft. Betreuer des Schwerpunktes ist Axel Schmitt - ihm und seinen Beiträgern sei an dieser Stelle herzlich gedankt.

Lutz Hagestedt