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Andreas Steinhöfels, "Geschichten aus der Mitte der Welt."

Von Susanne BlümleinRSS-Newsfeed neuer Artikel von Susanne Blümlein

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Leser, die dieses Buch gekauft haben, haben auch jene gekauft:" So oder so ähnlich möchten die großen Internet-Versandbuchhandlungen ihre Käufer zu weiteren Einkäufen verführen. Und tatsächlich klicken Bücher-liebende Käufer nur zu gerne Bücher an, die derart "empfohlen" werden und legen sie in ihren virtuellen Einkaufswagen.

Für "Defender" von Andreas Steinhöfel könnte die Empfehlung lauten: "Leser, die 'Die Mitte der Welt' lieben, werden auch 'Defender' mögen." Nach seinem Roman "Die Mitte der Welt", erschienen 1998, legt Andreas Steinhöfel nun nach und präsentiert mit "Defender" eine Sammlung von Kurzgeschichten, die sich sämtlich um das Personal des Romans drehen.

Die "Geschichten aus der Mitte der Welt" erzählen von den Geschwistern Dennis, Hendrik und Jule, die losfahren, um Herbstastern zu schneiden, um daraus einen Totenkranz für ihren vom Alkohol zerstörten Vater zu binden. Sie erzählen von Merle, die sich gegen das Diktat ihrer Klasse stellt, den neuen Lehrer zu tyrannisieren. Sie erzählen von Kora und ihrem kleinen Bruder Tobbel, die tagelang alleine im Wochenendhaus ihrer Eltern zurechtkommen müssen, weil diese nicht wollen, dass sie sie streiten sehen. Sie erzählen von Kat, die zielstrebig das Unternehmen "Freund und das Erste Mal" angeht. Sie erzählen von Johannes, der sich der Defender nennt und ein unglaubliches Angebot erhält. Sie erzählen von dem Jungen, der ein Ausbruchskommando für seine Schwester startet, die in der geschlossenen Psychiatrie sitzt, weil sie die Axt geschwungen hat.

Jede dieser Geschichten wird aus der Sicht der jeweiligen Hauptfigur erzählt, und dreht sich um den Moment im Leben eines Jugendlichen, am dem sich für ihn die Welt verändert - oder an dem er beginnt seine Welt zu verändern. Während des Erzählens bekommen alle Geschichten einen fast märchenhaften Duktus und doch könnten sie alle nur zu wahr sein.

Die "Geschichten aus der Mitte der Welt" bieten ein Erzählniveau, wie man es sich innerhalb der Literatur für "Erwachsene" oft wünscht. So verwundert es nicht, dass "Defender", wie "Die Mitte der Welt" auch, für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert wurde.

Die Kurzgeschichten-Sammlung zählt zu der Sorte Lektüre, die man einfach nicht beenden will. Doch nach knapp 200 Seiten ist alles vorbei. Was für ein Glück für diejenigen, die "Die Mitte der Welt" noch nicht kennen.

Titelbild

Andreas Steinhöfel: Defender. Geschichten aus der Mitte der Welt.
S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2003.
197 Seiten, 8,90 EUR.
ISBN-10: 3596157242

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