Von Abdul Hamed bis Zuleger

Volker Griese legt ein annotiertes Namensverzeichnis zu Karl May vor

Von Lutz HagestedtRSS-Newsfeed neuer Artikel von Lutz Hagestedt

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Wann ist eine Person eine Person im Leben einer Person? Wieviele Personen kann eine Person im Leben persönlich kennenlernen? Wann und wodurch wird das Verhältnis einer Person zu einer Person oder Persönlichkeit persönlich - und wann bleibt es unpersönlich?

Das Personenregister, das Volker Griese in der "Edition Octopus" zu Karl Mays Leben (1842-1912) vorgelegt hat, nimmt sich eindrucksvoll aus: Auf knapp 400 Seiten werden alle Personen aufgeführt und beinahe 'prosopographisch' annotiert, die May im Laufe seines Lebens kontaktiert haben, ihm begegnet sind und sich publizistisch an ihm abgearbeitet haben. Eine eindrucksvolle Fülle von Biographien ist hier zusammengekommen, und so überzeugt Grieses Namensverzeichnis schon durch den schieren Nutzen.

Ein Buch wie seines ist schwer zu kommentieren oder gar zu kritisieren, dennoch sei es hier probiert, selbst auf die Gefahr hin, der Erbsenzählerei geziehen zu werden. Zuallererst fällt auf, dass die einzelnen Einträge ebenso wie das Vorwort ungewöhnlich viele Druck- und Flüchtigkeitsfehler aufweisen, neben grammatikalischen Schnitzern und Fehlern in der Consecutio temporum auch Genus-, Numerus- und andere Kongruenzfehler. Zwar bedankt sich der Verfasser am Ende seines Vorwortes bei einer ganzen Reihe von Helfern für Hinweise und "Korrekturlesungen", doch sind einige dieser Herren offenbar mittlerweile verstorben. Vielleicht also liegt es daran.

Sodann ist ungeschickt Formuliertes und unfreiwillig Komisches zu konstatieren: "Die Korrespondenz mit seinen Lesern, darunter Musiker[n], Literaten, Wissenschaftler[n], Politiker[n], Arbeiter[n], Blinde[n], Jung[en] und Alt[en], wurde sorgfältig aufbewahrt und bildete zahlreiche zusammengeschnürte Bündel, die nach dem Tode des Schriftstellers unter Anleitung der Witwe zum Teil weggeworfen wurden." Ein anderes Beispiel: "Auf der Rückreise von einem Aufenthalt in der Schweiz machte May [...] im Hotel Maibücher Station. Die Familie Seyler hielt sich dort in einer Erbschaftsangelegenheit auf."

Der Eindruck mangelnder Ausgewogenheit (bzgl. des Umfangs der Einträge) entsteht, wenn Persönlichkeiten, die im Leben Mays streng genommen gar keine Rolle gespielt haben, sehr ausführlich dargestellt sind. So reproduziert Griese beim späteren österreichischen Kaiser Karl Franz Joseph eine halbe Seite Lexikonwissen nur deshalb, weil Maria Theresia im Februar 1898 Karl May bei Hofe empfing - und Joseph ebenfalls anwesend war.

Nur dem Vollständigkeitsanspruch des Werkes genügt es, wenn Persönlichkeiten wie Heinrich Klenz aufgenommen werden, die zwar für May ohne Bedeutung waren, sich aber einmal an ihn wandten. Klenz beispielsweise übersandte May einen Fragebogen zu "Kürschners Deutschem Literatur-Kalender". Verzeichnet sind ferner alle jene, die ein Foto zu Mays "Leseralbum" beitrugen. Dieses "Leseralbum" übrigens wird in Grieses Buch einige hundert Male bibliographiert, und man fragt sich, warum es der Verfasser nicht siglierte und an prominenter Stelle, etwa bei der "Benutzte[n] Literatur" einreihte. Dort nämlich stehen alle jene Standardquellen, die der Verfasser bei seinen Erhebungen konsultiert hat: das "Deutsche Biographische Archiv" (1982-1993), die Deutsche Biographische Enzyklopädie" (1995-2000), Degeners "Zeitgenossenlexikon" (1909) oder Neßlers "Register zu Karl Mays Prozeßschriften" (1985).

Abgesehen aber von diesen Beckmessereien erfreuen die klaren Urteile des Verfassers, die dafür sprechen, dass hier zum Fleiß stupendes Wissen hinzugetreten ist.

Titelbild

Volker Griese: Karl May - Personen in seinem Leben.
Verlagshaus Monsenstein und Vannderdat, Münster 2003.
384 Seiten, 22,20 EUR.
ISBN-10: 3936600716

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