Die Wiederentdeckung der Genauigkeit

Ein Gespräch mit Josef Winkler

Von Matthias PrangelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Matthias Prangel

Matthias Prangel: Ihre Werke, Herr Winkler, sind in ganz extremer Weise Ihrer Biographie, Ihrem persönlichen Leben, dem Leben in diesem Kärntner Dorf Kamering verpflichtet, aus dem Sie stammen. Das ist besonders augenfällig in den frühen Büchern, gilt aber auch wieder für "Wenn es so weit ist", wo noch einmal aus einer anderen Perspektive die gleichen Sachen beschrieben werden wie etwa im "Ackermann aus Kärnten".

Josef Winkler: Ja, man hat mich in den letzten zwei Jahrzehnten immer wieder gefragt, warum diese eigene Biographie und das Thema des Todes so vorherrschend in meinen Büchern sind. Ich kann meine eigenen Sätze oder Geschichten oder auch Bücher natürlich nicht interpretieren. Das werde ich nie tun. Aber der Tod in der österreichischen Kunst scheint schon ein starkes Thema zu sein. Auch bei Thomas Bernhard heißt es einmal: "Tod, das ist mein Thema". Bei Celan heißt es: "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland". Der Tod ist natürlich auch ein Meister aus Österreich. Und es gibt in meiner Biographie ein paar Motive oder Anhaltspunkte, die möglicherweise tatsächlich dafür ausschlaggebend oder doch mitverantwortlich sind, daß mich dieses Thema so sehr beschäftigt. Ich kann mich zum Beispiel bis zu meinem dritten Lebensjahr zurückerinnern. Da hebt mich meine Tante über einen immergrün geschmückten Sarg und zeigt mir das Totenantlitz meiner Großmutter. Bis zu genau diesem Augenblick kann ich mich zurückerinnern. Von hier an beginnt sich meine Bilderwelt zu bewegen, sich zu artikulieren, sich zu erträumen, sich zu phantasieren. Selbstverständlich vermute ich, befürchte ich, glaube ich, daß es auch ein paar Motive aus noch früherer Kindheit gibt, die irgendwo in meinen Büchern versteckt sind. Doch die kann ich zeitlich nicht ordnen oder einteilen. Das Totenantlitz meiner Großmutter aber wohl. Eine Frau hebt mich in die Höhe und zeigt mir eine tote Frau, mir als dreijährigem Kind. Und diese Frau ist meine Großmutter, die im Zweiten Weltkrieg drei Söhne verloren hatte: den ersten mit achtzehn, den zweiten mit zwanzig, den dritten mit dreiundzwanzig. Ferner hat sie noch ein Neugeborenes verloren und ein Kind, das ein Jahr alt war. Diese Frau hat also drei erwachsene Söhne verloren, zwei Kinder, und das Gesicht dieser Frau, der Mutter meiner Mutter, habe ich gesehen. Nach dem Tod dieser drei Geschwister meiner Mutter im Krieg ist die Familie vollkommen verstummt. Die Familie hat nichts mehr geredet. Es war ein ganz, ganz stilles Haus geworden. Ich habe mich als Kind zu diesem stillen Haus hingezogen gefühlt. Es war das Haus meiner Großeltern, das zur Jahrhundertwende gebaut worden ist, mit großen, hohen Räumen. Und dieses Haus hatte auch einen Pfau, dem man Türkenkörner vor die Tür werfen konnte, den wir geärgert haben und dem wir manchmal die Pfauenfedern aus dem Körper gerissen haben, um mit dieser Schönheit, mit dieser indischen Schönheit dann über das Dorf zu laufen. Das waren wunderbare poetische Augenblicke. Ich bin mit meiner Mutter oft, gerade im Sommer, gemeinsam zum Friedhof gegangen und habe mit ihr die Blumen der Gräber ihrer Brüder gegossen. Der Leichnam eines der Brüder, der völlig zerfetzt war, ist dort begraben, die beiden anderen, der eine ist irgendwo in Weißrußland und der andere in Jugoslawien gefallen, sind dort nur symbolisch auf einem Grabstein verzeichnet. In meiner Langeweile entwickelte ich dann einen regelrechten Fanatismus und bin im Sommer oft auch allein auf diesen Friedhof gegangen und habe nicht nur die Gräber meiner Familie, sondern auch andere Kindergräber und den halben Friedhof gegossen. Ich habe fünf Geschwister und ich war, wie meine Mutter mir vor über zehn Jahren erzählt hat, der Einzige, der von seinem Vater als Kind nie auf den Schoß genommen worden ist. Vermutlich liegt da ein Grund dafür, daß es dann im Ackermann aus Kärnten zu diesen fürchterlichen Auseinandersetzungen zwischen mir und ihm kam. Er hat mir die Zuneigung verweigert, er hat mir die Liebe verweigert. So grausig wie das im Buch erzählt, ist er natürlich in Wirklichkeit mit dem Kälberstrick nicht umgesprungen. Aber es muß für mich ein fürchterlicher Schmerz gewesen sein. Als meine Mutter mir erzählte, daß er mich als Kind nie auf den Schoß genommen habe, hat es mich nicht gewundert, daß ich solch ein Zeug schreibe. Dann war ich sieben oder acht Jahre Ministrant und bei jedem Begräbnis und jeder Hochzeit dabei. Es war damals noch so, daß der eingekleidete Priester und die Ministranten ins Totenhaus gingen und sich von dem Toten verabschiedeten. Erst danach ist der Sargdeckel drauf gekommen. Ich habe also viele Tote gesehen. Und es hat im Dorf auch einige Selbstmorde gegeben. Später, da war ich schon so zwanzig, einundzwanzig, habe ich dann fanatisch zu schreiben begonnen. Einschneidend war, daß sich im Dorf zwei Siebzehnjährige, ich habe das immer wieder erzählt und werde nicht aufhören es zu erzählen, gemeinsam mit einem Kälberstrick das Leben genommen haben. Einer von beiden war ein Freund von mir. Es hat mich furchtbar erschüttert. Ich war auch eifersüchtig: Warum kann, warum darf ich nicht der Dritte sein, warum hat er nicht mich dazu geholt? In der Jahrhundertwende ist das Dorf zur Gänze abgebrannt, 26 Objekte, nur zwei oder drei blieben verschont. Und dann hat man dieses Dorf kreuzförmig wieder aufgebaut. In meinem Roman Der Ackermann aus Kärnten habe ich das alles so mystifiziert, daß genau dort, wo an dem Dorfkreuz die Wunden des Gekreuzigten waren, sich die schrecklichen Ereignisse abgespielt haben. In den sechziger Jahren haben Burschen ein fünfzehnjähriges Mädchen gehänselt, ein armes Mädchen, das bei den Bauern als Magd gearbeitet hat. Dieses Mädchen hat sich im Heustadel einmal gebückt, und die Buben haben an ihrem Hintern die blutige Unterhose gesehen und das Mädchen dann wieder, zum x-ten Mal gehänselt. Da hat das Mädchen die Heugabel fallen lassen und ist durch das kreuzförmig gebaute Dorf hinunter über das Feld an die Drau, hat sich in den Fluß geworfen, und man hat sie zwanzig Kilometer weiter unten tot heraus gefischt. In Wenn es so weit ist werden von den dreißiger bis in die siebziger Jahre hinein diese Ereignisse in der Form einer Art von Todespoetologie erzählt. Ja, das waren so die extremen äußeren Ereignisse meines Lebens. Diese Stille, dieses Alleinsein, dieses vom Vater abgestoßen werden, dieses sich hingezogen fühlen zum Pfarrer, dem Ersatzvater, dem ich dann schnell der Erzministrant war und die Katholische Kirche, der Friedhof, der Pfarrhof, der Pfarrhofstadel, der faszinierende Müll hinter der Friedhofsmauer, wo die verwelkten Kränze hinuntergeworfen wurden. Damals wurden gerade erst die Plastikrosen auf die Kränze gesteckt, und wir holten uns diese Plastikrosen aus dem Müll und steckten sie an unsere Röcke und sind damit über das Dorf gegangen. Das sind so einige äußere Motive, die für mich literarisch wichtig wurden.

M.P: Das ist als Auftakt unseres Gesprächs schon mal eine ganze Menge. Verschiebt sich in Ihrem Verhältnis zu der eigenen Biographie, zu dieser Vergangenheit im Dorf, zum Elternhaus, vor allem zum Vater in letzter Zeit etwas? Ich frage es deswegen, weil Sie einmal dem Vater den Satz in den Mund legen: "In dem Augenblick, wo ich tot sein werde, wirst du das Thema wechseln." Und es gibt einen anderen Satz, der mir haften geblieben ist, wo es heißt: "Solange du lebst, mein Vater, verzichte ich auf meine Männlichkeit." Nun ist der Vater zwar noch nicht gestorben. Doch mit 97 Jahren sieht man das Ende nahen.

J.W.: Man weiß das nicht. Vielleicht erreicht er das biblische Alter von 120, und es kann sein, daß man mir, wenn ich heute anrufe, sagt, er lebt nicht mehr. Aber von gestern noch weiß ich, daß er nicht einmal ein Aspirin braucht. Als ich die ersten drei Romane, Menschenkind, Der Ackermann aus Kärnten und Muttersprache geschrieben habe, die nun unter dem Titel Das wilde Kärnten zu einer Romantrilogie zusammengefaßt sind, da konnte ich mehrere Jahre lang, obwohl ich nur 50 oder 60 Kilometer entfernt war, das Elternhaus nicht betreten. Es war mir nicht möglich. Ich hatte diesen Kampf, dieses Elternhaus, diese Vergangenheit, diese Auseinandersetzung mit Vater und Mutter ununterbrochen in meinem Kopf, in meiner Seele, auf dem Schreibtisch liegen und habe das Elternhaus gemieden. Man kennt das ja aus dem Malte von Rainer Maria Rilke, wo man lesen kann: "Ich habe um meine Kindheit gebeten und sie ist wiedergekommen, und ich fühle, daß sie immer noch so schwer ist wie damals und daß es nichts genützt hat, älter zu werden." Nachdem die ersten Bücher veröffentlicht waren, bin ich aus Wien weggezogen und habe mich auf einen Bergbauernhof in Kärnten zurückgezogen. Ich habe mich einfach irgendwo eingemietet und zwar zufällig bei einer verschleppten Russin. Diese Frau ist als vierzehnjähriges Mädchen mit ihrer zwanzigjährigen Schwester von Hitlers Schergen aus der Ukraine verschleppt worden, um als Arbeitstier auf einem Bauernhof zu arbeiten. Nach einmonatiger Fahrt kamen sie in Villach an, wo sich die Verschleppten in einer Reihe haben aufstellen müssen, und die Bauern sind gekommen und haben ihnen ins Gesicht geschaut, auf die Hände und auf den Körper und haben sich die herausgeholt, bei denen sie meinten, daß sie bei der Arbeit nützlich sein könnten. So ist diese Russin, dieses Mädchen in die Berge gekommen. Und irgendwann bin ich, weil ich eine Bleibe gesucht habe, die Häuser auf einem Berg abgegangen und habe von Haus zu Haus nach einem Zimmer gefragt und bin dort gelandet. Über Tag habe ich da geschrieben, zu Mittag bin ich zum Essen gegangen, und abends bin ich in die Küche runter, und sie hat mir, ihr Mann war die meiste Zeit besoffen, aus ihrer ukrainischen Kindheit zu erzählen begonnen. Abend für Abend. Ich war ein Jahr dort und habe alles aufgeschrieben. Im Frühjahr jätete sie den Garten, und ich brachte ein kleines Tonbandgerät mit und sie hat wieder erzählt und weiter erzählt. Und daraus habe ich das Buch Die Verschleppung gemacht. Als ich bei ihr dort oben war, habe ich ihr mein Heimatdorf, das Dorf meiner Eltern unten gezeigt, und sie hat mir immer geraten, ich solle einmal hinuntergehen. Und irgendwann, als das oben zu Ende gegangen war, bin ich runter zum Vater. Inzwischen war ich dreißig Jahre alt und habe ihn nun sozusagen neu und eben anders kennengelernt. Ich bekam eine Schreibkammer, und wenn er mich zu einer Arbeit brauchte, er war damals ganz allein bei der Arbeit und immerhin schon 77, dann habe ich ihm geholfen. Aber wenn er in meine Schreibstube gekommen ist und wenn er mich hat schreiben sehen, dann ist er an der Tür stehengeblieben und wieder hinausgegangen. Da habe ich dann unter dem Titel Der Leibeigene so etwas wie die Rückkehr des verlorenen Sohnes geschrieben. Der Leibeigene ist aber nicht als der Leibeigene im Sinne von Knechtschaft zu verstehen. Ganz zum Schluß steht da ein Satz von einem Barockdichter: "Ich bin des Todes leibeigen, und es kann anders werden nicht." Und das ist wohl das Thema meiner Bücher. Ich konnte dem Vater damals bereits ruhig gegenüber sitzen und in die Augen schauen, zu einem Zeitpunkt allerdings, wo schon 800 Seiten über dieses Leben, über dieses Elternhaus, über mein Leben in diesem Dorf nicht nur geschrieben - das war ja noch viel mehr - sondern auch gedruckt waren. Ich habe ihn wieder beobachtet und aufgeschrieben, was er Tag für Tag so von sich gab, und auch deshalb ist es mir wohl möglich gewesen, mich ihm gegenüber zu setzen und ihm in die Augen zu schauen. Ohne die Niederschrift der Bücher weiß ich nicht, wie es ausgegangen wäre.

M. P.: Liege ich richtig, wenn ich sage, Sie sind ein Augenmensch par excellence? Nicht nur, daß "Natura morta", der Titel Ihres letzten Buches, sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts als Bezeichnung für das Stilleben in der Malerei eingebürgert hat, mithin eine Kategorie der Kunstgeschichte ist, in all Ihren Texten scheinen Sie mir ganz vom gesehenen Wirklichkeitsbild auszugehen und aufs Bild, dann freilich aufs autonome Sprachbild, das durchaus Wunschbild, Traumbild, Angstbild sein kann, auch hinzugehen.

J. W.: Es gibt in den elf Büchern von mir nur ganz wenige Sätze, die nicht aus einem Bild bestehen. Es besteht alles aus Bildern, die in Fluß kommen, die in Fluß gebracht werden, die sich verzweigen und die sich irgendwo auch wiederfinden. Eben ein Labyrinth von Bildern. Das muß mir schon sehr früh deutlich geworden sein. Als ich zu lesen begann, habe ich besonders auf die Bilder geschaut. Ich kann mich erinnern, daß ich als Vierzehnjähriger bei einer Lehrerin ein Bücherregal gesehen habe, in dem mir ein gelbes Taschenbuch auffiel mit dem Titel Die Pest von Camus. Ich habe es herausgenommen und sie gefragt, ob ich mir das Buch mitnehmen dürfte. Sie hat zu mir gesagt, das wirst du nicht verstehen. Ich habe es aufgeschlagen, und da beschrieb Camus gerade, wie die Ratten kommen. Ich habe das Buch mit nach Hause genommen und habe so also als Vierzehnjähriger Die Pest gelesen. Und so bin ich dann auch auf die Bücher von Sartre und von Saint-Exupéry gestoßen. Mich hat die bildkräftigere französische Literatur mehr interessiert als die deutsche Gegenwartsliteratur. Natürlich bin ich über die Jahre auch durch allerlei Klassiker gegangen. Aber die Moderne hat mich einfach mehr angezogen und speziell die französischen Existentialisten, ihre bildhafte Sprache, später auch die Barockliteratur, die ja eine absolut bildhafte Sprache hat, und der französische Surrealismus. Da komme ich wohl eher her, von da habe ich wohl eher meine literarische, meine sprachliche Inspiration als von der deutschen Gegenwartsliteratur der letzten Jahrzehnte. Allerdings bin ich dann auch auf die Bücher von Hans Henny Jahnn gekommen, der ja ebenfalls eine sehr bildhafte, schwulstige Sprache, eine sehr prächtige und auch blutige Sprache hat. Auch der hat mich ganz hingerissen. Aber ohne die französischen Autoren wäre ich vermutlich gar nicht dorthin gelangt.

M.P.: Sie nennen als Leitbilder, Vorbilder auch etwa Oscar Wilde, Charles Baudelaire, Jean Genet und viele andere, Karl May nicht zu vergessen.

J.W.: Den habe ich am meisten gelesen. Den besitze ich in verschiedenen Ausgaben komplett.

M.P.: Einen Autor aber, Alfred Döblin, haben Sie nie genannt. Und ausgerechnet einen Preis, der nach ihm benannt ist, haben Sie aus den Händen von Günter Grass vor etwa zwei Jahren empfangen. Ich habe den Eindruck, das ist kein Zufall. Hier gibt es Beziehungen, ob sie Ihnen bewußt sind oder nicht, sowohl hinsichtlich von Döblins Praxis des epischen Textes als auch mit Blick auf Döblins poetologische Aussagen zum Roman, in denen Forderungen wie etwa die Depersonisation von Autor und Romanpersonen, deren Rückführung vom Bewußtsein auf das Unbewußte, die Errichtung eines eisernen Vorhangs zwischen Publikum und dargestelltem Geschehen und die Verhöhnung des rationalen, psychologisierenden Romans als 'Tagesroman' eine ganz zentrale Rolle spielen. Das sind doch Dinge die Ihnen sehr nahe sein müßten?

J.W.: Ja, ich kenne andere Autoren weitaus besser als Döblin, von dem ich nur den Berlin Alexanderplatz und Die Ermordung einer Butterblume gelesen habe. Aber Sie ermuntern mich, einmal besser hinein zu schauen, um zu erfahren, welche Nähe, welche Ähnlichkeiten es da gibt. Mir ist vollkommen klar, daß Döblin einer der wichtigsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts ist, der das Sprachvermögen eines Thomas Mann, Hans Henny Jahnn, Musil oder Broch hat. Ich werde mich da überraschen lassen. Mag sein, daß ich Thomas Mann lieber lese, aber ich werde das immer wieder ausprobieren müssen.

M.P.: Die Verliebtheit ins Bild, das ja nicht unbedingt statisch, sondern durchaus bewegt sein kann, gibt der Szenerie in "Natura morta" wie auch sonst bei Ihnen etwas außerordentlich Unmittelbares, Direktes, Grelles, Ungeschminktes, Grobes, Urwüchsiges. Dieses Erzählen ist ganz und gar Beschreibung, Bericht. Und wie sehr der Erzähler/Autor auch involviert ist, meistens als Ich-Erzähler, enthält er sich doch jedes analysierenden, rationalen, moralisierenden Kommentars. Es mutet dieses Erzählen hochgradig archaisch an. Bedeutet das auch eine Abkehr von den Aufklärungs- und Humanitätsidealen der Neuzeit? Oder drehen Sie die Aufklärungsspirale einen entscheidenden Schlag weiter, um eine in der christlich-abendländischen Zivilisation verschüttete ursprüngliche Menschlichkeit wieder freizulegen? Wenn es in Ihrem allerersten Roman "Menschenkind" z.B. heißt, "In unserer Humanität erkennen wir uns selbst nicht mehr als Tiere", dann ließe sich so etwas wenigstens vermuten.

J.W.: Ich will Ihnen sagen, wie das angefangen hat. Ich war zwei Jahre lang in Rom, und in der Zeit habe ich einen anderen Rom-Roman, den Friedhof der bitteren Orangen, geschrieben. Das heißt, es ist natürlich kein Roman über Rom, sondern es ist ein Roman über mich in Rom. Ich stamme eben aus einem kleinen katholischen Dorf, einem Bauerndorf in Kärnten, wo ich mit der katholischen Kirche sehr nah in Berührung gekommen bin. Nicht mit der Theologie, die Theologie interessiert mich heute noch nicht, aber mit dem Existentiellen, mit dem unzählige Menschen von der katholischen Kirche wahnsinnig genervt und zerstört worden sind, mit dem Glauben, den Gebeten der Angst, die die Kirche, das Gotteshaus, der Pfarrer verbreitet haben. Jahre später war ich den ganzen Sommer über wieder in Rom und ging mit meinem Straßennotizbuch und der Füllfeder zum Vatikan, vor allem aber über Monate hinweg zu den Marktplätzen, zur Piazza Vittorio. Dort haben mich die Leute, also die Verkäufer, in den ersten Tagen etwas seltsam angeschaut. Aber nach einer Woche war ich ein selbstverständlicher Mitarbeiter. Da habe ich dann unzählige Bilder und kleine Beobachtungen gesammelt. Das Ausnehmen eines Karpfens, das Heraustreten der Eingeweide, wie dann die Menschen herangetreten sind, von denen manche etwas Besonderes hatten und manche nicht. Das hat mich interessiert. Da habe ich aufmerksam gestanden, jeden Tag. Und dann bin ich schließlich mit mehreren Notizbüchern nach Hause gezogen und hatte eine Fülle von kleinen Notizen und Bildern und wußte überhaupt nicht, was ich damit tun sollte. Ich hatte ja im Vorder- oder im Hinterkopf keine Literaturgeschichte. Tausend Bilder nur, lauter Schnipsel. Aber was macht man mit tausend Schnipseln? Ich war verzweifelt. Aber man soll nicht jammern, sondern etwas tun. Und so habe ich angefangen, diese Bilder auszuarbeiten und bin dabei auf Zusammenhänge gestoßen. Ich habe die Seiten aus dem Notizbuch herausgerissen und dies dahin, das dorthin gestellt und alles neu verbunden. Mit dem, was ich da chronologisch gesehen hatte, hat das dann nichts mehr zu tun. Es ist eine ganz neue, völlig neue Zusammenstellung im Kopf, eine ganz neue Organisation. Und irgendwann hatte ich dann die Sätze fertig, oft lange Sätze. Schon am Markt habe ich niemals nur kleine Notizen und Stichwörter aufgeschrieben, sondern war immer gleich ganz präzise, schrieb ganz genau und in langen Sätzen. Und dann lagen also die Sätze vor mir und gleichzeitig war da die Erinnerung an das Schreiben dieser Sätze und die Erinnerung an das Bild, das ich vor mir hatte, als ich die Sätze damals geschrieben habe. Und mit dieser Kombination und in diesem Abwägen habe ich versucht, die Sätze weiter zu konstruieren. Manche habe ich zwanzig bis vierzig Mal umformuliert. Nicht also, daß ich das so einfach dahergesprudelt hätte. Überhaupt nicht. Und dann hatte ich eben einige der Bilder fertig und begann mit der Organisation der Bilder. Die Fischbilder zum Fisch, die Fleischbilder zum Fleisch, die Gemüsebilder zum Gemüse, die Obstbilder zum Obst. Und dann bei den Fischbildern die Karpfenbilder zu den Karpfen, die Aalbilder zum Aal und beim Obst die Pfirsichbilder zu den Pfirsichen. Es gibt ja nicht nur zwei Pfirsiche, die ich beschrieben habe, sondern vielleicht zwanzig, aus denen ich aber nur einen machen wollte. Und so ist eine Organisation zustande gekommen. Die einzelnen Mosaiksteine beginnen so in meinem Kopf, in meinem Herzen organisch zu werden, und dann sehe ich auf einmal, wie sie zueinander wollen. Sie wollen irgendetwas miteinander zu tun haben. Sie schrien nach einer Geschichte, und ich erhörte sie. Und jetzt kommt das Schöne, das Leichte, das Vergnügen, tausend kleine Bilder zu ehelichen, zusammenzubringen. Und während des Schreibens habe ich auch diesen grauenhaften Unfall aus Natura morta gesehen, und da wollte ich dieses Arrangement von einem Natura-morta-Bild, von einem Stillebenbild, in diese Todesgeschichte hineinziehen. Und wie dieser Piccoletto, der da stirbt, von dem dicken Schwulen auf den Arm genommen wird und der mit ihm läuft und zweimal mit ihm niederbricht, wie Christus mit dem Kreuz niederbricht, das ist eben auch wie ein Bild geschrieben. Man hat dann hinterher gesagt, daß das die erste wandelnde Pieta in der Literaturgeschichte sei. Auch so ist es also zu verstehen. Nachdem ich nun viele Motive aus diesen Natura-morta-Abbildungen, von Stillebenbildern hatte, ist mir klar geworden, daß dieses Buch nur einen Titel haben kann: Natura morta. Natura morta kann nur ein Stillebenbild sein. Ich bin jedes Jahr in Amsterdam und gehe dann auch in die Museen dort, und es haben mich da schon vor zehn bis fünfzehn Jahren, längst bevor die ersten Notizen zu diesem Buch entstanden sind, immer diese Natura-morta-Darstellungen angezogen. Ich habe sie mir angeschaut in ihrer Genauigkeit und ihrer Schönheit. Und viele Jahre später mache ich dann selber so etwas. Einige Zeit zuvor hatte ich in Rom noch ein dickes Buch mit dem Titel Natura morta in Italia gekauft. Da gibt es Tausende von Abbildungen in dieser Richtung, die mich faszinierten. Wenn man sich diese Bilder mit den Märkten und Figuren im Museum anschaut und sie sich dann im Kopf zu bewegen beginnen, zu leben beginnen, dann sind die Bilder schon nicht mehr so statisch wie es sich an der Oberfläche darstellt, sondern sie verändern sich. Und so ähnlich ist ja dieses Buch Natura morta auch. Es ist einerseits eine poetische Kunstgeschichte, eine Natura-morta-Geschichte und andererseits eine Liebesgeschichte, eine Beobachtungsgeschichte, eine Geschichte der Genauigkeit und der Schönheit und der Traurigkeit wie sie einfach so arrangiert und zusammengefügt und in eine Erzählstruktur gefaßt und verfaßt und in einen Rhythmus gebracht ist. Es beginnt sehr langsam, und irgendwann werden die Bilder immer schneller, und der Höhepunkt wird mit dem Unfall dieses Buben erreicht. Und dann kommt wieder alles zum Stillstand, wenn er tot ist und das Begräbnis folgt. Goethe hat im Zusammenhang mit der Novelle von der unerhörten Begebenheit gesprochen, und die ist dann in der Literaturwissenschaft zu einem wesentlichen Moment der Definition der Novelle geworden. Was ich geschildert habe, ist in diesem Sinne keine unerhörte Begebenheit. Es ist keine unerhörte Begebenheit, es ist eine ganz alltägliche Begebenheit, obwohl auch die unerhört genug ist. Ich wußte, wenn ich von dem Satz von Goethe irgend etwas will, dann muß ich die Begebenheit unerhört schildern. Und deswegen habe ich sie so genau und so schrecklich geschrieben. Ich stelle mir immer wieder vor, ich bin eine Art Photoapparat oder Filmkamera. Ich kann nur in Bildern denken. Und wenn es irgendwann in meinen Manuskripten doch einmal Kommentare gibt, dann werden die in den Schlußfassungen gestrichen, weil sie mich überhaupt nicht interessieren. Ich will nur diese kleinen Bilder, die zu längeren Sätzen werden und diese Sätze, die zu kleinen Geschichten werden und diese kleinen Geschichten, die sich vergrößern und immer weiter aufblähen und zusammenschrumpfen usw. und sich woanders wieder Luft holen und wiederum wie ein Ballon aufblähen. Das interessiert mich. Aber man darf nicht glauben, daß ich das einfach mit leichter Hand schreibe. Der Friedhof der bitteren Orangen hat im Manuskript ca. 4000 maschinegeschriebene Seiten. Außerdem gibt es 16 Notizbücher, die je zwischen 100 und 200 Seiten haben, das heißt es gibt noch mehrere tausend handgeschriebene Seiten. Das fertige Buch hat aber nur ca. 400 Seiten. Ich habe elf Bücher mit ungefähr 1800 Buchseiten geschrieben, es liegen aber gegen 20000 maschinegeschriebene Seiten im Klagenfurter Musil-Archiv.

M.P.: Lassen Sie uns über die Bedeutung der Zeit in Ihren Texten reden. Gewiß, es gibt in "Natura morta" Vespas und T-Shirts mit zeitspezifischen Aufdrucken, die U-Bahn, eine motorisierte Feuerwehr und avancierte Espressomaschinen ebenso wie es im "Ackermann aus Kärnten" bereits Traktoren, Autos und Fernsehgeräte gibt. Dennoch gewinnt man aufs Ganze gesehen nicht den Eindruck, als solle das Erzählte fest an irgendeiner Stelle der Zeitachse situiert werden. Es scheint eher, als gäbe es Zeit nur als Erzählzeit. Keine Handlungen, Abläufe also, die sich dann und dann im historischen Sinn zutragen. Alles lagert sich hingegen unter weitgehender Nichtbeachtung von Chronologie wie gleichzeitig und nebeneinander, was natürlich genaugenommen in der Literatur nicht möglich ist, als Bild auf der Netzhaut des Erzählers oder besser in seinem Wahrnehmungsapparat ab. Ist die erzählte Zeit tatsächlich irrelevant und für Sie einzig wichtig die Sprachbildwerdung im Moment des Erzählens?

J.W.: Ich werde ja immer wieder mit Thomas Bernhard in Zusammenhang gebracht. Da habe ich nun ein großes Glück, daß ich so eine heftige und kräftige Bildsprache habe. Wenn man sich Thomas Bernhard anschaut, dann ist dessen Sprache eben nicht so bildreich wie meine. Thomas Bernhard hat ein Motiv und dieses Motiv dreht und wendet er, und ein einziger Satz kann über ein oder zwei Seiten gehen, er kann aber auch über zehn Seiten gehen. Bei mir gibt es diese sprachliche Kreisbewegung nur im ganz Großen. Wenn ich dieses ganze Büschel von Bildern wieder umordne und umstrukturiere, dann komme ich auch in den Kreis-Lauf hinein. Aber sonst sind meine Sätze und Bilder einfach übereinander gestapelt, solange übereinander gestapelt, bis der Turm zusammenbrechen muß, denn irgendwann bricht jeder Turm zusammen. Und dann fange ich die einzelnen Motive oder Bilder wieder auf, nehme sie und stapele sie irgendwo anders nebenher wieder auf.

M.P.: Und eben nicht in einem zeitlichen Nacheinander.

J.W.: Nein, nein, das ist etwas, was mich nicht interessiert. Es ist auch gar nicht so, daß ich beim Schreiben von vornherein irgendwelche Ziele habe. Darüber könnte ich gar nicht groß reden. Jedesmal, wenn ich geplant habe, was ich machen wollte, dann hat das nicht funktioniert. Es interessierte mich immer nur irgendetwas, wenn ich direkt beim Schreiben war. Und da inspirierte mich zum Beispiel auch einmal der nuovo roman von Robbe Grillet und die automatische Schreibweise der Surrealisten. Gerade in meinem ersten Buch ist das ganz deutlich. Heute ist alles schon gezähmt. In den ersten Büchern aber, wo der ganze autobiographische Stoff noch mit einem viel größeren Druck daherkam, ließ ich die Bilder und Sätze so stehen und sich steigern und sich überspringen, wie sie gerade kamen.

M.P.: Ihre Texte nehmen sich aus wie Teile eines einzigen umfassenden Werkes, wo gewisse Themen und Schlüsselereignisse immer wieder aufgenommen und weitergesponnen werden. Immer wieder Haß und Tod, immer wieder der Vater, der Selbstmord von Jakob und Robert, das Kruzifix usw. Und auch, was z.B. in "Natura morta" beschrieben wird, hat ja bereits seine unübersehbare Vorformierung im "Friedhof der bitteren Orangen" gefunden. Könnte man sagen, es geht da um ein einziges großes autobiographisches, vielleicht tiefenpsychologisches Projekt?

J.W.: Was die Übereinstimmung zwischen den beiden Büchern angeht, das stimmt. Es ist dieselbe Stadt, derselbe Platz, derselbe Markt und es sind teilweise auch dieselben Figuren. Die Bilder werden immer wieder aufgenommen und anderswohin mitgenommen. Wenn man etwa die 800 Seiten von Das wilde Kärnten mit dem darauffolgenden Buch Der Leibeigene vergleicht, dann kehrt der Sohn dort zum Vater zurück, nachdem er ihn jahrelang nicht gesehen hat und es werden dann einige Motive aus der Kindheit nicht eigentlich wiederholt, wohl aber wieder geholt. Und das fühlen wir ja alle im Leben fortwährend. Wir können nicht z.B. die ersten fünfzehn Jahre einfach abhaken und sagen, das war einmal. Ja, das war einmal, aber es ist immer da, weil es einmal war. Da kommt also dieser verlorene Sohn mit dem alten Vater in Berührung und die Begegnung ist durchaus eine andere. Der Sohn ist nun dreißig Jahre alt, und da gibt es eine ganz andere Perspektive, mit anderen Sprachmöglichkeiten auch, denn er hat ja schon vier Bücher, also über tausend Seiten gearbeitet, und er schreibt jetzt ganz anders. Und es hat auch niemand geschrieben, daß wir das alles schon einmal gelesen und gehört haben usw.

M.P.: Mit ihrer zwar nicht explizit gemachten, doch implizit fortwährend praktizierten Poetologie hängt sicher zusammen, daß es bei Ihnen keine eingängigen, spannungsgetragenen fiktionalen Geschichten, insgesamt keine Romanhandlungen üblicher Machart gibt. Könnten Sie sich überhaupt vorstellen, auch einmal den Weg der Distanzierung durch Fiktionalisierung Ihrer Themen zu gehen?

J.W.: Das weiß ich natürlich nicht, und wie ich vorhin schon gesagt habe, weiß ich vorher tatsächlich nicht, ob ich dies oder jenes so oder so mache. Wie ein Journalist nehme ich mir ein Blatt Papier und suche mir die Bilder, und ob ich nun zu Hause schreibe oder unterwegs oder irgendwo in einem Kaffeehaus, ich muß einfach irgendwie irgendwelche Skizzen entwerfen und diese Skizzen dann immer weiter ausarbeiten, ausfüllen und daraus versuchen, ein Gemälde zu machen. Wenn die ersten Bilder da sind und neue hinzu kommen und sie sich häufen, dann erst weiß ich, in welche Richtung es ungefähr geht und welchen Motiven ich nachgehen muß, um daraus eine größere Sache zu machen. In Indien habe ich drei Monate am Ganges gesessen und von den Einäscherungsritualen eine Fülle von kleinen Bildchen mit nach Hause genommen. Die habe ich ausgearbeitet und das waren dann etwa siebzig Seiten. Aber ich habe dann das Bedürfnis gehabt diese Dinge wieder und noch öfter zu sehen. So habe ich nicht gesagt, ich fliege nach Indien, sondern für mich war klar, ich fliege nach Indien, nach Benares, ins Hotel am Ufer des Ganges und gehe an den Einäscherungsplatz. Und ich war dann zum zweiten Mal dort, wieder drei Monate und habe wieder ein paar hundert Seiten nach Hause gebracht. Das war mir aber noch immer nicht genug und ich bin abermals zum Einäscherungsplatz geflogen. Auf diese Weise habe ich die Bilder zusammengetragen, in ihrer Intensität und auch in ihrer quantitativen Häufigkeit.

M.P.: Da Sie gerade von Indien reden: Welche Rolle spielt für Sie die Verortung Ihrer Texte an diesem oder jenem Ort der Welt. Ist es in der Substanz etwas ganz anderes, wenn man, nachdem man über die Toten von Kamering in einer ganzen Reihe von Büchern immer und immer wieder geschrieben hat, nun nach Rom geht und von dem Sterben der Tiere und des Piccoletto auf der Piazza Vittorio schreibt und in Varanasi am Ganges von den Toten in Indien? Wird durch diese Ortswechsel in der Substanz etwas hinzugefügt?

J.W.: Es hat ja seine biographischen Hintergründe, wenn ich damals Österreich eine Zeit lang verlassen wollte und ich, nachdem schon etliche Bücher geschrieben waren, nicht nach Paris oder Amsterdam, sondern nach Rom zog. Als Vierzehnjähriger habe ich in der Handelsschule einerseits Italienisch gelernt, andererseits wußte ich: Das Thema der katholischen Kirche, die Riten der katholischen Kirche, die Litanei der katholischen Kirche, der Muff der Sakristei der katholischen Kirche das ist auch mein Thema. Mein Thema ist auch der dörfliche katholische Friedhof. Und da ich Italienisch konnte, habe ich mir gedacht, ich gehe jetzt einfach einmal nach Rom hinunter, in die Zentrale sozusagen im Vatikan und schaue mich dort um, obwohl im Vatikan nicht soviel zu holen war wie auf all den Plätzen. Auf diese Weise bin ich nach Rom gekommen und blieb zwei Jahre dort. Und wenn Sie wissen wollen, warum ich nach Indien gegangen bin, das mich damals weniger interessierte als Marokko oder Tunesien: Meine Frau war als Kind vier Jahre in Indien, und das war, nachdem sie ihre Dissertation fertig hatte, einfach der Grund, daß wir gesagt haben oder besser ich gesagt habe, jetzt möchte ich auch einmal dorthin, wo du einmal warst. Wir waren nicht am selben Ort wie sie damals, sondern gingen nach Benares. Nach drei Tagen wollte ich weg, weil es so grausig war, habe dann aber die Schönheiten, die Kultur des Landes aufgesucht, den Ganges und den schönen und schrecklichen Einäscherungsplatz und bin geblieben und habe irgendwann gewußt, es wird ein Buch. Ich muß immer dort hin und auch dort bleiben, wo ein Buch draus wird. Und der Orient hat mich immer schon sehr interessiert. Ich habe all diese orientalischen Bücher von Karl May gelesen, Durch die Wüste, Durchs wilde Kurdistan, Im Sudan, Die Sklavenkaravane usw. Und wenn ich hier in Europa in die Städte gekommen bin, nach Amsterdam, Wien oder Paris und dort in die exotischen Viertel, in die islamischen Ausländerviertel, dann haben die mich immer viel mehr interessiert als die Zentren dieser Hauptstädte.

M.P.: Ich möchte Sie mit einer ganz persönlichen Leseerfahrung konfrontieren. Ich las "Domra. Am Ufer des Ganges". Es ist eine Aneinanderreihung von Leichenverbrennungen. Zwischen den Leichenverbrennungen, während der Leichenverbrennungen aber geht das normale Leben der Menschen weiter. An den Verbrennungsstätten streunen die Hunde herum, spielen die Kinder usw. Es passieren die grauenhaftesten Dinge: Schädel zerbersten und das Gehirn läuft aus, Bäuche platzen auf und der Mageninhalt verzischt im Feuer, Gliedmaßen bäumen sich auf und werden aus dem Scheiterhaufen den Umstehenden vor die Füße gesprengt. Das mag indische Normalität sein oder doch die Normalität von Varanasi, bei uns Mittel- oder Westeuropäern ist eine gewisse Schockreaktion aber wohl fast unvermeidlich. Das war bei mir nicht anders. Dann habe ich aber etwas ganz Merkwürdiges erfahren. Je weiter ich in der Lektüre vorankam, die mich am Anfang mit Abneigung und Ekel erfüllt hat, um so ruhiger bin ich geworden, um so mehr habe ich das angenommen. Das Buch hat um die 300 Seiten, doch wenn es 1000 gewesen wären, ich hätte sie wohl auch gelesen. Ich hätte sie in stoischer Ruhe gelesen und angenommen. Und am Ende bin ich aus dieser Lektüre gestärkt und nicht geschwächt hervorgegangen, näher am Leben statt näher am Tod. Kann man sich den Tod mit dem, was Sie machen, vom Leibe schreiben? Liegt dort womöglich für Sie eine Motivation? Sie selber haben es in "Menschenkind" gefragt: "Der Tod nur mehr eine Frage der Formulierungskunst? Habe ich ihn mir vom Leibe geschrieben?"

J.W.: Motivation würde ich das nicht nennen, denn ich habe überhaupt keine Motivation. Ich habe nur den Drang, nach Möglichkeit schöne Sätze zu schreiben. Sonst interessiert mich eigentlich gar nichts. Aber ich glaube schon, daß das Thema des Todes, auch das Thema der Angst, der Angst vor dem Selbstmord, das Thema des Selbstmords mir in den früheren Büchern viel mehr an den Leib rückte und noch viel mehr die Haut berührte als die letzten. Jedenfalls bei den letzten beiden Büchern ist das nicht mehr so der Fall. Im vorletzten, Wenn es so weit ist, gibt es mit Grund keinen Ich-Erzähler mehr. Der Erzähler hat noch einen anderen Erzähler, den jetzt eben siebenundneunzigjährigen Vater bekommen, der Geschichten aus den dreißiger, vierziger, fünfziger Jahren und sogar aus seiner eigenen Kindheit erzählt. Über diese Erzählungen habe ich ihn, das Dorf und vermutlich auch mich in diesem Kontext besser kennengelernt. Und einiges hatte ich sicher schon durch die früheren Bücher von mir weggeschoben, abgedrängt. Ich werde mich wohl niemals ganz vom Tod entfernen können und wollen. Aber ich merke schon, daß mir der Schrecken nicht mehr so nahe ist, daß ich auch den Schrecken zu schreiben nicht mehr so brauche wie früher.

M.P.: Ich verstehe es nicht ganz, wenn Sie sagen, es sei Ihr oberstes Ziel, schöne Sätze zu schreiben. Das klingt nach Ästhetizismus, nach L'art pour l'art. Damit habe ich gewisse Schwierigkeiten, da doch fast alles, was Sie schreiben, nachdrücklich biographisch, autobiographisch begründet ist und aus Ihren Texten ein unglaublicher Haß gegen dieses Dorf und seine Bewohner, die ja mitschuldig sind am Selbstmord von Robert und Jakob, Haß gegen den Vater, Haß gegen die Kirche und das Kruzifix, Haß gegen die Schule usw. spricht. Meinen Sie womöglich etwas anderes?

J.W.: Ja, wie habe ich das gemeint? Ich meine es wohl eher kompositorisch. Aber ich wollte noch etwas zu dem Indienbuch sagen. Mich hat bei diesen Einäscherungsritualen, und ich war acht, neun Monate in Indien und etwa sechs Monate fast täglich nur an diesem Einäscherungsplatz, nicht so sehr interessiert, wie Verstorbene verbrennen, wie Verstorbene eingeäschert werden. Das war nicht mein vordergründiges Thema. Was mich vor allem interessiert hat auf diesem Einäscherungsplatz, Sie haben es eben schon angedeutet, das war die Verbindung von Leben und Tod. Wenn es hier bei uns irgendein Begräbnis gibt, dann sieht man auf dem Friedhof bei der Verabschiedungshalle oder in der Nähe des Grabes diese schwarze Schlange des Leichenzuges, und wenn der Sarg über das Dorf getragen wird, dann werden die Maschinen ausgeschaltet, die Kinder verschwinden meistens in die Häuser hinein, es ist alles still und ruhig, das Leben wird sozusagen vom Tod getränkt. In Indien, dort am Ufer des Ganges in Benares, ist das anders. Benares ist eine der heiligsten Stätten Indiens. Im buddhistischen Glauben heißt es, wer in Benares eingeäschert wird oder in Benares stirbt, der ist sofort im Himmel. Deswegen werden dort nicht nur die Verstorbenen eingeäschert, die in dieser Stadt leben, sondern sie werden von überall her angebracht: auf Karren, auf dem Dach von Autobussen, mit Jeeps, mit Fahrrädern, mit Traktoren. Dort ist ein ständiges Kommen und Gehen des Todes. Und auf dem Einäscherungsplatz spielen die Kinder, die Hunde holen die letzten Knochen aus einem Häufchen Asche heraus und wälzen sie im Mund, damit Gaumen und Zunge dabei nicht verbrennen. Dort sind die Kühe und Kälber, die die Hanfstricke von den Bambusleitern fressen und die Touristen und andere Neugierige. Diese unmittelbare Verbindung von Leben und Tod hat mich interessiert. Wenn der Tote einmal brennt, beginnen die Inder zu lachen, zu rauchen und zu spielen. Einmal habe ich etwa gesehen, wie die Hitze die Beine einer toten Frau spreizte und die Inder zu lachen anfingen. Bevor der Tote eingeäschert ist, nehmen die Inder ein rituelles Bad im Ganges. Sie baden in der Unterhose und stehen danach oft über dem noch nicht niedergebrannten Scheiterhaufen und trocknen ihre Unterhose. Diese Verbindung also von Leben und Tod hat mich interessiert, weniger, über hunderte von Seiten zu beschreiben, wie Verstorbene eingeäschert werden. Auch bei diesen Motiven in Natura morta gibt es nur ganz wenige Sätze, wo nicht die Verbindung zwischen Leben und Tod hergestellt wird. Natürlich habe ich in Indien schreckliche Bilder gesehen. Es kommt darauf an, wieviel Holz eine Familie kaufen kann. Wenn jemand einen großen Holzstoß kaufen kann, und die Flammen gehen meterhoch über den Verstorbenen drüber und man schaut sich das von Weitem an, dann ist das eine der schönsten Bestattungsformen, die ich mir vorstellen kann. Ich jedenfalls kann mir nichts Schöneres vorstellen. Wenn hingegen nur ein paar Holzprügel auf dem Boden liegen und der Tote wird eingeäschert, dann sieht man wirklich alles: die kochenden Augen, den kochenden Mund, der sich öffnet, die kochenden Eingeweide. Das ist schon sehr erschreckend. Das alles aber hat mich interessiert. Es wird oft vom Fleisch geredet, das gegessen wird, aber gleichzeitig ist das Fleisch von einem toten Tier.

M.P.: Ich fände es trivial zu fragen, inwieweit Ihre Texte tatsächlich mit einer textexternen Wirklichkeit übereinstimmen. Wir sind inzwischen ja daran gewöhnt, daß ein Erzähler, auch ein Ich-Erzähler, nie mit dem Autor identifiziert werden darf, auch wenn man manchmal geneigt ist, genau der Versuchung zu erliegen. In "Domra" aber gehen Sie so weit, daß Sie sich mit vollem Namen, Ich - Josef Winkler, einbringen. Ist damit die Grenze zur autobiographischen Sachliteratur gefallen? Oder bleibt auch dann noch ein Rest von literarischer Fiktionalität? Ich stelle die Frage auch z.B. im Hinblick auf eine Szene in "Domra", die einen oralen Sexualakt des Ich-Erzählers mit einem Domrajungen beschreibt und zwar sehr detailliert. Welches Interesse haben Sie als Autor und Mensch daran, für die Ereignisse Ihrer Texte gewissermaßen persönlich haftbar gemacht zu werden, da man sich doch auch eine viel distanziertere, abgesichertere Perspektive vorstellen kann?

J.W.: Das hat mich eben beim Schreiben von vornherein, und das ist bei den früheren Büchern noch viel deutlicher, überhaupt nicht interessiert. Es war nicht so, daß ich mir gesagt habe, ich werde jetzt einen Skandal machen, ich werde skandalös schreiben. Das überhaupt nicht. Mir war immer klar, und den Mut dazu habe ich insbesondere bei Jean Genet und Hans Henny Jahnn gefunden, daß ich schreiben muß, was wirklich in mir drin ist, was sich in mir abspielt, daß ich schamlos sein muß, daß ich angreifbar sein muß. Es war mir von vornherein immer klar, daß das Schreiben dieses Autobiographischen auch immer ein Angreifbares, ein Verletzbares sein würde. Wenn ich nicht den Mut gehabt hätte, mich selber so zu öffnen, dann wäre ich wahrscheinlich nie zum Schreiben gekommen. Ich habe niemals im Kopf irgendeine Zensur gehabt, und ich habe auch niemals beim Schreiben irgendjemandem über die Schulter geschaut, und ich habe mir nie vorgestellt, was werden sich die Leute wohl dabei denken. Das hat mich nie interessiert. Es ging mir immer nur um die Genauigkeit und die Schönheit der Sprache. Gerade bei diesem Natura morta haben ja viele, auch junge Leute zu mir gesagt, das ist aber ordentlich unappetitlich. Ich habe ihnen dann gesagt, nein, das ist überhaupt nicht unappetitlich. Obwohl ich es selber geschrieben habe, erlaube ich mir zu behaupten, daß es nicht unappetitlich oder häßlich, sondern daß es schön ist. Ich finde Märkte schön. Und auf den Märkten findet das alles nun einmal statt. Die Fleisch- und Fischmärkte sind eben anders als die Obst- und Gemüsemärkte. Wenn man Fleisch oder Fisch kauft, dann weiß man, daß gefangen und geschlachtet werden muß. Da müssen die Eingeweide raus und das Blut usw. Das habe ich natürlich auf den natura-morta-Darstellungen in den Museen von Amsterdam auch gesehen. Da gibt es Maler, die sich besonders für Blumen oder für Obst und Gemüse interessieren und weniger für das Fleisch und das Blutige. Dann gibt es aber auch Maler, die interessieren sich besonders für das Blutige, für das Fleisch, für die Eingeweide. Und ich hatte mich zu entscheiden: Werde ich bei Obst und Gemüse bleiben oder werde ich einfach diese Bäuche öffnen, aufreißen und so schreiben, wie es dort am Markt bei den Fleisch- und Fischständen nun einmal ist. Und insofern ist das, was ich schreibe, realistisch. Ich persönlich gehe am liebsten auf einem Markt einkaufen. Wenn ich Fleisch einkaufe, dann muß ich damit rechnen, daß das Tier sterben muß. Man kann ja wegschauen. Aber man kann eben auch hinschauen, und das habe ich gemacht. Unappetitlich finde ich nur die Supermärkte, nicht die Märkte, wo die Tiere geschlachtet werden oder Eingeweide herumliegen. In den Supermärkten kommt man zur Kühlanlage, und da liegt das Fleisch so schön drin und die Haut der Verpackung ist so pervers gespannt. Es ist aber trotzdem für dieses Fleisch ein Tier gestorben. In einer Fabrik ist es gestorben, ihm ist die Haut abgezogen, sind die Knochen entfernt worden usw. Dann ist es irgendwo verarbeitet worden und schließlich in die Kühlhäuser gekommen und dann von den Kühlhäusern in die Kühlzellen. Die Kette wird nie unterbrochen und sie wird nie unterbrochen werden. Und irgendwann kommt das Produkt dann in den Supermarkt. Dort ist es unappetitlich, dort ist es grausig. Am Markt nicht.

M.P.: Ein hervorstechendes Stilelement besteht bei Ihnen, in den späteren Büchern eskalierend, in der leitmotivischen wörtlichen Wiederholung von Sätzen und Teilsätzen: Im "Friedhof der bitteren Orangen" wohl an die hundert Mal das "Straßennotizbuch, auf dem die eingetrockneten und eingekleideten Leichen der Bischöfe und Kardinäle aus den Kapuzinerkatakomben in Palermo abgebildet sind"; in "Domra" immer wieder die "siebensprossige Bambusleiter" und die Domra, die "in dem Wohnviertel verschwinden", in "Wenn es so weit ist" immer wieder der "Tonkrug, in dem aus den Gebeinen geschlachteter Tiere der nach Verwesung riechende Knochensud gewonnen, der den Pferden zum Schutz vor Fliegen, Bremsen und Mücken mit einer Krähenfeder um die Augen, auf die Ohren, die Nüstern und auf den Bauch gepinselt wurde"; in "Natura Morta" u.a. immer wieder Piccolettos "lange, fast seine Wangen berührende Wimpern". Erkennungsmerkmale, integrierende Klammern des Erzählvorgangs, Elemente einer ornamentalen Werkstruktur?

J.W.: Ja, das sind diese Motive, die diese übereinander gestapelten Sätze, von denen ich schon sprach, miteinander verbinden und in einen Rahmen hineinbringen. Im Friedhof der bitteren Orangen ist immer wieder die Rede davon, daß da jemand in Rom mit einem Straßennotizbuch unterwegs ist. Dieses Notizbuch spielt eine große Rolle. Das Buch ist eben auch die Geschichte des Notizbuches. Und in Domra werden immer wieder die Verstorbenen auf diesen Bambusleitern zum Einäscherungsplatz getragen und dazwischen diese ausufernden, übereinander gestapelten Bilder untergebracht. Und auf einmal merkt man, daß da wieder ein Rahmen kommt, also so eine Bambusleiter, und zwischen den Totenleitern sind die Bilder aufgestapelt, aufbewahrt. Ja, man kann das als strukturelle Klammer bezeichnen.

M.P.: Können Sie mir sagen, wer eigentlich auf den Gedanken gekommen ist, Ihre Texte Romane zu nennen? Stammt der Gedanke von Ihnen oder geht es da um Marketingstrategie des Verlags?

J.W.: Es war ja schon vor Jahrzehnten so, daß man die moderne Literatur in ihrer Gattung nicht mehr gar zu genau definieren konnte und wollte. Ist ein Monolog ein Roman oder eine Erzählung oder eine Novelle? Und es gibt heute unzählige Bücher, die haben gerade 100 Seiten und werden unter Umständen als Romane bezeichnet. Mich hat das nie weiter beschäftigt. Am ehesten paßt ein Gattungstitel vielleicht noch für meine letzten Bücher. Wenn es so weit ist kann man wohl tatsächlich als eine Erzählung, wenn auch keine klassische Erzählung, bezeichnen. Und Natura morta hätte ich nicht als Roman bezeichnet, vielleicht auch nicht als Erzählung, sondern finde Novelle ganz in Ordnung. Ich habe zwar, wie ich ja schon sagte, keine unerhörte Begebenheit im Sinne Goethes geschildert, sonder ein alltägliches Ereignis, das ich versucht habe unerhört zu schildern. Und weil die Sache ja in Rom stattfindet, ist es zu dem Untertitel Eine römische Novelle gekommen. Aber wenn ich eine französische Geschichte geschrieben hätte, denn auf einem Markt in Paris wäre das ja auch möglich gewesen, dann hätte ich sie nie eine französische Novelle nennen können. Nur als römische Novelle war das so zu machen. Und ich verstehe diesen Titel auch nicht eigentlich als Untertitel, sondern denke eher einfach an zwei Titel.

M.P.: Ganz zum Schluß: Was können Sie im Zusammenhang mit Ihren Texten mit dem Begriff der Heimatliteratur bzw. Antiheimatliteratur anfangen?

J.W.: Ich glaube, beides trifft nicht zu. Beides hat damit nichts zu tun. Wenn jemand ein Buch über die Liebe, das Leben, den Tod in Amsterdam schreibt und er ist hier aufgewachsen und hier in Amsterdam ist seine Füllfeder seine Heimat und er schreibt vielleicht auch kritisch über Amsterdam, dann kommt kein Mensch auf die Idee zu sagen, das ist Heimatliteratur oder Antiheimatliteratur. Es gibt die Heimatliteratur und Antiheimatliteratur auf dem Land genauso wenig wie in Amsterdam.

M.P.: Ein Schlußsatz, der mich voll befriedigt.

Kurzbiographie:

Josef Winkler wurde 1953 in dem Dorf Kamering in Kärnten als Sohn von Bauern geboren. Durchlief acht Jahre lang die winzige, einklassige Kameringer Dorfschule und anschließend drei Jahre lang die Handelsschule in Villach. Bürotätigkeit in einer Molkerei in Spittal, sodann an der Universität von Klagenfurt, wo er heute als freier Schriftsteller lebt. Wiederholte längere Aufenthalte in Italien, vor allem Rom, und in Indien (Benares). Zahlreiche Preise und Auszeichnungen, worunter der Preis der Klagenfurter Jury des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs (1979), der Anton-Wildgans-Preis (1980), das Robert-Musil-Literaturstipendium (1990), der Förderpreis des großen Kunstpreises Berlin (1994) und zuletzt der Alfred-Döblin-Preis (2001).

Bibliographie:

Menschenkind. Roman. Frankfurt: Suhrkamp 1979.

Der Ackermann aus Kärnten. Roman. Frankfurt: Suhrkamp 1980.

Muttersprache. Roman. Frankfurt: Suhrkamp 1982.

Verschleppung. Frankfurt: Suhrkamp 1984.

Der Leibeigene. Roman. Frankfurt: Suhrkamp 1987.

Friedhof der bitteren Orangen. Roman. Frankfurt: Suhrkamp 1990.

Das Zöglingsheft des Jean Genet. Frankfurt: Suhrkamp 1992.

Domra. Am Ufer des Ganges. Roman. Frankfurt: Suhrkamp 1996.

Wenn es so weit ist. Erzählung. Frankfurt: Suhrkamp 1998.

Natura morta. Eine römische Novelle. Frankfurt: Suhrkamp 2001.

Dieses Gespräch erschien erstmals in: Deutsche Bücher. Forum für Literatur 33 (2003) H. 4, S. 257-276.