Ostseeidylle mit Blutspuren

"Rosas Rückkehr" von Barbara Krohn

Von Frauke HecklerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Frauke Heckler

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Ich bin's, Rosa", wiederholte sie mit plötzlich trockenem Mund. "Ich bin wieder da."

Die überraschende Ankunft seiner jüngsten Tochter nach all den Jahren ließ den Vater offenbar kalt. Preußisch unerbittlich, aus den Augen, aus dem Sinn.

Juni 1992. Rosa Liebmann kehrt nach 16 Jahren zu ihrer Familie nach Scharbeutz an die Ostsee zurück. Ihr Traum von einer gemeinsamen Zukunft mit ihrer langjährigen Beziehung zerplatzt, als Steven sie wegen einer anderen Frau verlässt. Kurzerhand verkauft Rosa ihren Anteil an der gemeinsamen Coffee Bar "For Roses" und kehrt zum ersten Mal in ihre Heimat nach Deutschland zurück. Dort, in der aus ihrer Kindheit vertrauten Umgebung, erhofft die Protagonistin wieder festen Boden unter den Füßen zu gewinnen. Erst der Blick auf die "unspektakuläre Ostsee, die träge in ihrem Becken hin und her schwappte", bringt Rosa das altbekannte Glücksgefühl aus ihrer Kinderzeit zurück.

Doch es bleibt nicht bei dieser Ostseeromantik. Das sanfte Bild wird urplötzlich gestört, als Rosa ihren toten Vater im Strandkorb findet. Wurde er ermordet? Die Verflechtungen der Großfamilie erscheinen wirr, wo jeder Rosa eine bisher unbekannte Seite zeigt. Nichts von dem Vorgefundenen stimmt mehr mit ihren Erinnerungsbildern überein. Hat Mutter einen Geliebten? Wer ist der fremde Mann, den sie so leidenschaftlich am Bahngleis küsst? Seit wann nimmt sie heimlich Fahrstunden? Rosas Mutter führt offensichtlich ein Doppelleben.

Die gesuchte Geborgenheit der Familie bleibt der Heimkehrerin verwehrt. Zu viele Veränderungen während ihrer fast zwanzigjährigen Abwesenheit lassen Rosa zu einer uninformierten Fremden werden, die sich in ihrer ehemals vertrauten Umgebung nicht mehr zurechtfindet.

"Rosas Rückkehr", der dritte Krimi von Barbara Krohn, ist eher eine Studie über eine zerrüttelte Familie, in der wenig Vertrauen unter den einzelnen Mitgliedern herrscht und diese einander bis zum Schluss fremd bleiben, als eine Kriminalgeschichte. Der Mord an Rosas Vater rückt beinahe an den Rand, das Denken und Fühlen der Lebenden steht im Zentrum des Romans. Die Hamburger Autorin verzichtet auf ein großes Blutvergießen, stattdessen gestaltet sie einprägsame Stimmungsbilder durch detailgetreue Landschaftsbeschreibungen der Ostsee und Schleswig-Holsteins.

Die Sprachwahl ist nicht immer gelungen und driftet bisweilen etwas stark in gängige Klischees ab. So endet der Roman mit folgenden Worten: "Finn ist ein Fall für sich. Und für mich", fügt sie mir dem Anflug eines Mona-Lisa-Lächelns hinzu, die wohl keinerlei Kommentierung bedürfen. Trotz gelegentlicher Klischees lohnt sich der Roman zu einer kurzweiligen (Urlaubs-)Lektüre - zum Beispiel am Meer!

Titelbild

Barbara Krohn: Rosas Rückkehr. Roman.
Rütten & Loening Verlag, Berlin 2002.
278 Seiten, 16,50 EUR.
ISBN-10: 3352005826

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