Mann im Mond

Michael Light präsentiert spektakuläre Aufnahmen vom Erdtrabanten

Von Frank MüllerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Frank Müller

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Hier unten herrscht gähnende Langeweile. Also nehmen wir Reißaus zu höheren Sphären. Die NASA zum Beispiel unterhält ein "Terraforming"-Programm zur Erschließung und Kolonisation des Mars, andere Projekte zur Erforschung des erdfernen Raumes werden folgen. Dem menschlichen Explorations- und Bemächtigungsdrang sind offenbar keine Grenzen gesteckt. Bei all dem drängt sich dann doch die Frage auf: Gibt es intelligentes Leben auf der Erde?

Zugegeben, gegen solche Höhenflüge und Himmelfahrtskommandos wirkt eine Mondreise wie die vom 20. Juli 1969 fast beschaulich. Michael Light hat sie trotzdem unternommen - indem er aus den 32.000 Aufnahmen im Apollo-Archiv der NASA die spektakulärsten ausgewählt und zu einem Buch zusammengestellt hat. Das Ergebnis der digitalen Bearbeitung der Urkopien von Schwarzweiß-Negativen und Farbdias sind Bilder von einer bislang ungesehenen Brillanz und Schärfe. "Full Moon" spannt den Bogen vom Start der Rakete über den Weltraumspaziergang, die Mondumrundung und Landung bis zur Erforschung der Mondoberfläche, Rückflug und Wasserung.

Die Kraterseen verleihen dem Mond das Aussehen eines von einem geheimnisvollen Aussatz befallenen, pockennarbigen Gesichts. Gleich einer mit goldenem Staniolpapier bekleideten Spinne setzt das NASA-Gefährt auf der Oberfläche auf. Im künstlichen Licht des Arbeitsscheinwerfers wirft die Ausrüstung harte Schatten. Auf den folgenden Bildern werden die von Messpunkten zusammengehaltenen Fotografien zu Panoramen, in denen die Männer im Mond Sonden einschlagen, mit dem Mondbuggy herumfahren oder einfach nur Fußabdrücke hinterlassen. Ein in den Mondstaub gelegtes Familienfoto scheint mitteilen zu wollen, dass mit den menschlichen Eindringlingen auch fürderhin zu rechnen sein wird.

Die gelungensten Bilder kommen folglich ganz ohne solche taktlosen Existenzbekundungen aus. Sie zeigen die schroffe und makellose Schönheit des Mondes. Über dem Geröll, den sanften Mulden, den Hügeln und den aus Schutt aufgetürmten Rampen funkeln sich die Quarzkristalle zu. Nichts drängt in die Vertikale, wuchert und infiziert die heilige Stille des Mineralischen mit lärmendem, sich fort- und fortzeugenden Leben. Die Mondoberfläche ist die perfekte Landschaft. Ein Sinnbild ewigen Friedens. Trotz des helleren Sonnenlichts scheinen die Apollo-Missionen mit Restlichtverstärkern gearbeitet zu haben, denn die weiß beleuchteten Mondberge heben sich gegen einen tiefschwarzen Himmel ab.

Doch auch der Mond hat seine Schauspiele. Tag für Tag lädt er zu einer Sondervorstellung auf großer Bühne. Ich meine den Erdaufgang. Und stelle mir vor, wie der Anblick der breiter und breiter werdenden Sichel auf die Anwesenden wirkt. Dieses Bild muss so atemberaubend sein, dass irgendwann einer der Astronauten das Visier seines Raumfahrthelms heraufklappt, um einen tiefen Atemzug guter, frischer Mondluft zu nehmen.

Titelbild

Michael Light: Full Moon. Aufbruch zum Mond.
Frederking & Thaler Verlag, München 2003.
244 Seiten, 49,00 EUR.
ISBN-10: 3894054018

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