Trullas aus Hollywood

Peter Basch schwillt die Linse

Von Frank MüllerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Frank Müller

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Als der Fotograf Peter Basch im März 2004 stirbt, verlässt mit ihm einer der ganz großen Abknipser die Bühne. Der Hollywood-Fotograf war auch im europäischen Film der fünfziger und sechziger Jahre zu Hause und unterhielt enge Freundschaften mit zahlreichen Stars des Kinos und der Musik. Nachdem er sich Anfang der siebziger Jahre ins Privatleben zurückgezogen hatte, geriet sein fotografisches Lebenswerk jedoch weitgehend in Vergessenheit. Seine Bilder wurden nur noch selten gedruckt.

Noch kurz vor seinem Tod, im November 2003, hatte Basch dem Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf seine Fotografien für einen großen Bildband anvertraut. Er konnte seine Wiederentdeckung als Fotograf noch einige Monate mitverfolgen, bevor er nach schwerer Krankheit in New York starb, wo er seit Anfang der dreißiger Jahre lebte.

Basch wurde als Sohn eines UFA-Schauspielers 1921 in Berlin geboren. Er wanderte 1933 mit seiner Familie in die USA aus. 1950 baute er in New York ein großes Fotostudio auf und wurde zu einem der renommiertesten Starfotografen Amerikas. Seine Fotos und Reportagen erschienen in den großen Illustrierten der Welt. Für "Stars!" hat der Glamour-Fotograf eine Auswahl der seiner Meinung nach gelungensten Fotografien zusammengetragen. Die Liste der vertretenen Schauspieler liest sich wie das große "Who is Who?" der Filmprominenz - von Mario Adorf bis Natalie Wood.

Basch fotografiert vorwiegend Frauen. Er überhöht sie vom Dutzendgesicht zum Engelsleib, vom Mädchen von der Straße zur ewig jungen Leinwand-Ikone - und er arbeitet dabei dem naiven amerikanischen Traum in die Hände, der überall nur Glanz, Eleganz und Harmonie sehen will. Noch das unscheinbarste Geschöpf mutiert dank viel Puder, Lippenstift und der richtigen Ausleuchtung ins Divenhafte. Auf einem Foto posiert Basch selbst lässig mit Cowboy-Hut auf dem Kopf und will dabei wirken wie John Wayne. Nur, dass ihm eben statt der Feuerspritze am Gürtel ein Fotoapparat um den Hals hängt.

Wir blättern weiter. Auch Schönheitsideale sind wandelbar. Die Bardot wirkt in Bikini und Spitzenhöschen für heutige Augen fast schon etwas pummelig, auf einigen Bildern gleicht sie einer schlecht toupierten Friseuse: aufgeworfene Lippen, Lidstrich, Wimperntusche satt. Einige dieser Studien sind von der Qualität eigenständiger Fotografien ein gutes Stück weit entfernt. Und sie zeigen die Schauspielerin, wo Basch sie und sich selbst wohl am liebsten gesehen hätte: im Bett. Der Fotograf entpuppt sich als Schwerenöter.

Während Senta Berger farbig und in voller Kriegsbemalung abgebildet ist, gebiert sich Anita Ekberg in freier Natur wie ein Opfer sexueller Notzucht. Die Wäsche spannt unvorteilhaft, viel zu üppig quillt es aus dem Dekollete. Jetzt zoomt Baschs Objektiv auf volle Länge. Die Aufnahmen von Jane Fonda tendieren zielstrebig in Richtung Soft-Porno, genau wie die an Laszivität kaum noch zu überbietenden Bilder von Hildegard Knef. Jane Mansfield gibt eine besonders billige Kopie der Monroe, während die echte recht grobkörnig unter der blonden Perücke hervorblickt.

Schnell hat man sich an den immergleichen Posen satt gesehen, zu denen Basch seine Modelle anhält: Die Hände, die durchs Haar fahren, die Arme, die sich vor den nackten Brüsten verschränken, die angezogenen Schultern, der in den Nacken geworfene Kopf, die angewinkelten Beine, die schmollenden oder sinnlich geschürzten Lippen. Dem stehen die wenigen Männer gegenüber, markige und toughe Kerle wie Jean-Paul Belmondo, denen die heilige Einfalt ins Gesicht gemeißelt ist.

Trotz dieser wenig verhüllten Tatsachen finden sich im toten Winkel der männlichen Scheuklappen auch gelungenere Bilder. Die schwangere Sophia Loren im einfachen Baumwollkleid und Sandalen zum Beispiel, nach der sich Männer wie Frauen auf der Straße umdrehen. Der Exzentriker Salvador Dalí, der sofort die Augen aufreißt, wenn sich ein Objektiv auf ihn richtet. Anthony Perkins, wie er mit unverkennbarem "Psycho"-Blick einen kleinen Jungen fixiert. Oder der Waffennarr Charlton Heston, der sich zärtlich seiner kleinen Tochter zuneigt. Fast möchte man zögern, ihn zurück auf den Planeten der Affen zu schießen.

Titelbild

Michael Petzel (Hg.): Peter Basch: Stars! Fotografien aus den Fünfziger und Sechziger Jahren.
Herausgegeben von Michael Petzel.
Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2003.
374 Seiten, 49,90 EUR.
ISBN-10: 3896024701

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