Mia im Wunderland

Oliver Wenniges stellt in einem Bilderbuch die schwierige Frage "Was ist Kunst?"

Von Hannelore PiehlerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Hannelore Piehler

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Dass einem kleinen Mädchen Wundersames geschehen kann, wenn es einem Kaninchen in sein Erdloch folgt, wissen wir seit "Alice im Wunderland". Bei Mia ist es nicht viel anders. Das aufgeweckte Mädchen langweilt sich, als es mit seiner großen Schwester ins Museum geht. "Wozu macht man eigentlich Bilder, auf denen man nichts erkennen kann?", fragt Mia ungeduldig vor dem großen blauen Bild von diesem Künstler namens Klein. Allein vom Hingucken wird ihr ganz schwindelig. Doch dann läuft plötzlich ein Kaninchen vorbei, und auch Mia gerät unversehens in ein Wunderland. Genauer gesagt in das der Kunst.

Mit dem Kinderbuch "Mia im Museum" versucht Oliver Wenniges Kindern die nicht ganz einfache Frage "Was ist Kunst?" zu beantworten. Schwieriger noch: Was ist moderne Kunst? Dabei spielt er nicht nur mit Motiven aus Lewis Carolls Geschichte, sondern packt gleich ganze Kunstwerke aus der Moderne in das Bilderbuch. Den Kindern sagen Günther Ueckers Nägel, Marcel Duchamps Urinoir oder On Kawaras Date Paintings zwar nichts, doch ihren Spaß haben sie an den ungewöhnlichen, teilweise recht schrill und verspielten Zeichnungen von Wenniges mit Sicherheit.

Die Geschichte selbst arbeitet erfreulicherweise nur wenig mit festen Antworten und mehr mit Fragen. Die jungen Leser werden mit Mia unvermittelt in die Welt der Kunst hineingezogen - und sind zunächst einmal ratlos. Denn recht Verwirrendes passiert, und auch der Kaninchen ist irgendwie seltsam. Erst als Mia einem Mann im blauen Kittel begegnet (dem Hausmeister), scheint sie endlich eine Antwort zu erhalten auf ihre Frage "Was ist Kunst?". Nur wirft diese Antwort bloß weitere Fragen auf. Aber jetzt ist Mias Besuch im Museum unversehens richtig spannend geworden. "Kann es eigentlich auch passieren, dass man Kunst begegnet, ohne dass man sie erkennt?", fragt sich Mia nun. "Und woher weiß ich dann, was Kunst ist und was nicht?"

Die Bildergeschichte "Mia im Museum" stellt also schwierige Fragen der Ästhetik, über die sich schon ganze Philosophen-Generationen die Köpfe zerbrochen haben. Das Verdienst von Oliver Wenniges ist es, diese Themen ganz federleicht und wie nebenbei in einem Bilderbuch für Kinder zu behandeln, ohne dass die kleinen Leser gelangweilt oder gar überfordert werden. Das mag eher schon den Erwachsenen passieren, wenn sie nach der Lektüre vom Nachwuchs wohl ihrerseits mit Fragen überhäuft werden.

Titelbild

Oliver Wenniges: Mia im Museum. Oder Wie der Hausmeister zu seinem Mond kam.
S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2003.
32 Seiten, 12,50 EUR.
ISBN-10: 3596851386

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