Des Philosophen Helferlein

Zu Franco Volpis großem Werklexikon der Philosophie

Von Andrea PotzlerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Andrea Potzler

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Es dauert sicher in allen wissenschaftlichen Bereichen eine Zeit lang, bis man einen Überblick über die relevanten Fragestellungen und vor allem Hilfsmittel des Faches gewonnen hat. In der Philosophie verhält es sich jedenfalls so, dass der Student zu Beginn seines Studiums erst einmal mit rauchendem Kopf vor unüberblickbaren Regalen mit Literatur und Sekundärliteratur, Zeitschriften, so genannten Einführungen, Enzyklopädien, Philosophiegeschichten und zahlreichen anderen Büchern steht.

Was davon nur lesen, was könnte interessant, was wichtig sein?

Viel besser wird das auch nach längerem Studium nicht. Immer wieder tauchen neue Fragestellungen auf, weitere Gebiete werden relevant. Wie wohltuend ist es dann, wenn man zumindest einige Bücher hat, an die man sich vertrauensvoll wenden kann, um etwas Licht ins Dickicht zu bringen. Eine gute Philosophiegeschichte und ein solides Wörterbuch bilden dafür eine gute Grundlage.

Ein Pendant zu "Kindlers Literaturlexikon", das vermutlich ähnlich wie dieses begeistert von den Studenten und eher zurückhaltend von den Professoren aufgenommen werden würde, gibt es in der Philosophie allerdings nicht. Eine solche Hilfe leistet das "Große Werklexikon der Philosophie", das 1999 von Franco Volpi herausgegeben wurde. Es ist der Nachfolger des bereits 1988 von Julian Nida-Rümelin, Maria Koettnitz und Harry Olechnowitz herausgegebenen "Lexikon der philosophischen Werke". Volpi ist gegenwärtig Professor für Philosophiegeschichte an der Universität Padua. Auf den 1753 Seiten der zwei Bände findet man 1800 Werk- und 827 Autorenartikel. Das Spektrum der Autoren reicht vom klaren Schwerpunkt der westlichen Philosophie hin zu arabischer, jüdischer, indischer, chinesischer und japanischer Philosophie. Verfasst sind die Artikel von etwas mehr als 300 Autoren, großenteils Professoren und Spezialisten für die jeweiligen Philosophen. Die Artikel sind nach Autoren geordnet. Nach einer kurzen Einführung in deren Leben folgen Beschreibungen der Werke und am Ende knappe, aber sorgfältig gewählte, weiterführende Literaturhinweise. Eine zusätzliche Freude sind das Titelregister sowie das Autoren- und Werkeregister am Ende des zweiten Bandes

Die vorliegende Jubiläumsausgabe ist ein verbilligter Nachdruck der 1999 erschienenen und 203,50 EUR teuren Ausgabe. Somit ist z. B. nicht verzeichnet, dass sowohl Hans-Georg Gadamer, John Rawls als auch Willard Van Orman Quine unterdessen verstorben sind. Einer Ergänzung bedürfte sie weiterhin vor allem bezüglich einiger analytischer Philosophen wie Bernard Williams, Harry Frankfurt, David Lewis oder Paul und Patricia Churchland. Nicht ganz verständlich ist auch, warum David Chalmers nicht aufgenommen wurde, obwohl der oft in der Öffentlichkeit als Kontrahent auftretende Daniel Dennett drei Spalten für sich beanspruchen darf. Am jugendlichen Alter der Personen kann es nicht liegen, findet doch sogar der 1947 geborene Peter Sloterdijk Eingang, was man durchaus für fragwürdig befinden kann, da Sloterdijk stärker in den Medien als in wissenschaftlichen Debatten Anklang findet. Kritikpunkte dieser Art ließen sich weitere finden, ist es doch immer ein heikles Unterfangen, noch lebende Persönlichkeiten in ihrer Bedeutung einzuschätzen. Es dürfte ein sinnvoller Grundsatz sein, erst einmal auch einige Philosophen aufzunehmen, die vielleicht später wieder anderen weichen müssten. Ein guter Ansatz in der Auswahl ist im vorliegenden Lexikon sicher gefunden worden.

Insgesamt stellt das Buch eine große Hilfe für alle in der Philosophie weniger Kundigen dar, die erfahren möchten, womit sich einzelne Philosophen befasst haben. Zugleich ist das Lexikon ein fundiertes Nachschlagewerk für Fachphilosophen, die sich zu Personen und Werken außerhalb ihres eigenen Fachgebiets informieren wollen. Ein prächtiges Helferlein also in vielen Belangen, das durchaus den erstrebten Rang eines Standardwerks erlangen könnte.

Titelbild

Franco Volpi: Großes Werklexikon der Philosophie. 2 Bände.
Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 2004.
1753 Seiten, 49,90 EUR.
ISBN-10: 3520839016

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