Ein durchlauchtiges Romanprojekt in neuer Perspektive

Stephan Kraft über Herzog Anton Ulrichs "Römische Octavia"

Von Florian GelzerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Florian Gelzer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das ganze europäische 17. Jahrhundert war von einem merkwürdigen Phänomen der literarischen Superlative durchzogen. In meist höfischem Umkreis entstanden vielbändige Großerzählungen, die höchstrangige Figuren wie auf riesigen Wandteppichen in verwickelte Handlungsstränge verwoben. Aktuelle politische Vorgänge wurden in dynastische und historische Episoden der antiken, vor allem der römischen, Geschichte hineingespiegelt, und das Erzählgefüge als Forum für Einschübe aller Art genutzt, die von Lyrik über wissenschaftliche Abhandlungen bis zu ganzen Dramen reichten. Der Roman in dieser höfischen Ausprägung wurde dabei zur Theodizee, zum Lexikon, Lehrbuch, staatspolitischen Traktat und zur praktischen Anleitung für angehende Mitglieder des grande monde. Auf diese Weise hat etwa Madeleine de Scudéry in Frankreich die Geschichte des persischen Cyrus oder der römischen Cloelia zur Grundlage von - jeweils zehnbändigen - romanesken Großprojekten genommen, in Italien entwarf etwa Giovanni Ambrogio Marini Erzählkomplexe vergleichbar monumentalen Umfangs. In Deutschland ist diese elitäre Tradition des höfisch-historischen Barockromans vor allem mit zwei Namen verbunden: mit Daniel Casper von Lohenstein, dessen berühmter "Arminius" über Hermann den Cheruskerfürsten 1689/90 publiziert wurde, sowie mit dem Welfen Anton Ulrich, dem regierenden Herzog von Braunschweig und Lüneburg (1633-1714) und seinen beiden Hauptwerken "Durchleuchtige Syrerinn Aramena" (1669-73) und "Römische Octavia" (1677-1707). Dem letzteren Roman ist die vorliegende Studie, eine Bonner Dissertation, gewidmet, die dieses Projekt in seinen Entstehungsstufen unter verschiedenen thematischen Gesichtspunkten beleuchtet. Es liegt auf der Hand, dass ein Werk von solch komplexen Ausmaßen nicht mit Kategorien der Interpretationsgermanistik zu fassen ist, sondern gründlicher textphilologischer Vorarbeiten bedarf. Diese sorgfältig zu dokumentieren, ohne den Leser mit Spezialistenwissen oder editorischen Detailfragen zu überfordern - dieser Balanceakt ist der konzisen, leicht verständlichen Studie Krafts gut geglückt.

War im 18. Jahrhundert, insbesondere im Umkreis der Gottsched-Schule, abschätzig von "barockem Schwulst" die Rede, wurden meist Lohenstein und seine Werke als Feindbild herangezogen. Bis heute gilt dieser Autor der Literaturgeschichte und der Forschung als Inbegriff eines bestimmten Stilideals, des schlesischen, marinesken Prunkstils. Anders Anton Ulrich, dessen Romane zwar regelmäßig erwähnt, manchmal gelobt, aber nur selten gelesen werden - obwohl von der "Octavia" eine ganz neue kritisch-historische Ausgabe (der Endfassung) vorliegt. Gerne hebt man dafür in der Forschungsliteratur die gigantischen Maße dieser sperrigen Werke hervor und setzt den Kauf- und Lektüreaufwand kopfschüttelnd mit den damaligen Fleischpreisen, Monatslöhnen oder Alphabetisierungsraten in Beziehung. Auch wenn hier vieles zum Klischee geronnen ist: Dass der schiere Umfang dieser Romane ein erhebliches Rezeptionsproblem darstellt, ist nicht von der Hand zu weisen (und zeigt sich etwa daran, dass die Standardeinführung zum Thema von Leo Cholevius aus dem Jahr 1866 stammt). Die "Römische Octavia" umfasst rund 7.000 Druckseiten, und es werden offenbar rund 1.800 Personen namentlich erwähnt. Die Handlung spielt sich am Ende der julisch-claudischen Dynastie ab, in den letzten Wochen der Regierung des Kaisers Nero (68 bis 70 n. Chr.) sowie während der Herrschaft von Galba, Otho, Vitellius und Vespasian - des so genannten "Vierkaiserjahrs" also.

Im Mittelpunkt steht die erste Gattin Neros, Octavia, die dieser auf die Insel Pandataria bei Neapel verbannen und wahrscheinlich hinrichten ließ. Im Roman überlebt sie den Anschlag - eine Erfindung Anton Ulrichs - und versteckt sich, als Christin mit dem Namen Neronia, in den römischen Katakomben. Die historischen Passagen spielen sich weitgehend in der "Oberwelt", die fiktiven in der urkirchlichen "Unterwelt" ab. Verbunden werden die (europäischen, afrikanischen und asiatischen) Schauplätze und Episoden durch die Liebesgeschichte zwischen Octavia-Neronia und dem (historischen) armenischen König Tiridates. Zu der nur schwer zu überblickenden Handlung kommt eine außergewöhnlich komplexe Entstehungs- und Editionsgeschichte hinzu. Von dem Romanprojekt liegen zwei verschiedene, in drei Etappen in Angriff genommene Fassungen vor, deren Ausarbeitung den Herzog über Jahrzehnte hinweg beschäftigt hat. Kraft unterscheidet folglich drei "geologische Textschichten": Immer unter Mitwirkung zahlreicher Mitarbeiter wie Sigmund von Birken, erschienen die ersten drei Bände der "Octavia" in der Nürnberger Ausgabe von 1677-79. Nach über zwanzig Jahren wurden sie auf sechs Bände erweitert und zu einem vorläufigen Abschluss gebracht (1703-07). Ab 1712 erschienen sechs Bände einer vom (damals über siebzigjährigen) Herzog komplett überarbeiteten, auf acht Bände angelegten Braunschweiger Neuausgabe - und 1762 veröffentlichte Anton Ulrichs Enkelin, die Kaiserin Elisabeth Christine, noch einen siebten, nach Diktatnotizen angefertigten Band. Das "Octavia"-Projekt beginnt somit im späten Barock und reicht bis in die Zeit der frühen und mittleren Aufklärung hinein.

Krafts Buch liegt nun eine einzige, lose an Michail Bachtins Romantheorien orientierte Hauptthese zugrunde, die leitend über allen Kapiteln steht - und die mit Absicht Volker Klotz' Unterscheidung von geschlossener und offener Form im Drama anklingen lässt: Während die erste Version der "Octavia", was Stil, Aufbau, Weltbild und poetologische Struktur betrifft, einem Ideal der "Geschlossenheit" verpflichtet sei, lasse sich beobachten, dass der Roman in den weiteren Stufen des Projekts eine merkliche Tendenz zur "Offenheit" aufweise, die letztlich in seiner Unabgeschlossenheit gipfle. So bilde das "Octavia"-Projekt exemplarisch den Übergang von "geschlossenen" barocken Vorstellungen zur "offenen" Orientierungsphase der Frühaufklärung ab. Dieser Prozess wird nachgezeichnet, indem verschiedene Einzelthemen anhand von Längsschnitten durch alle Stufen des Projekts verfolgt werden. Im Gegensatz zu diesem neuen, stark an die Arbeiten von Maria Munding angelehnten Ansatz hatten frühere Kommentatoren (Günther Müller, Adolf Haslinger) gerade die Geschlossenheit und stringente Komposition der "Octavia" programmatisch betont, und dabei in der Regel die erste Version ins Zentrum gerückt. Ein ganz ähnlicher Perspektivenwechsel lässt sich in der Forschung zu anderen Langzeitprojekten, wie etwa Sir Philipp Sidneys "Arcadia" oder Wielands "Geschichte des Agathon", beobachten, wo ebenfalls, statt über die "Ausgabe letzter Hand" oder eine hypothetische Idealfassung zu streiten, in zunehmendem Maße die verschiedenen Textstufen als Stadien eines "work in progress" ins Auge gefasst werden.

Die Arbeit ist in drei thematische Blöcke unterteilt, die alle an der Person des Herzogs Anton Ulrich und seinen konfligierenden Rollen als monarchus poeta ausgerichtet sind: Zu welchen Konflikten kann die Kombination von regierendem Fürst und gelehrtem Autor führen? Was geschieht, wenn ein Politiker und Staatsmann zeitgenössische Vorgänge verschlüsselt in seinen Roman einbaut? Und wie vertragen sich die Erwartungen, die man an einen regierenden Herzog richtet (kühle Überlegenheit), mit den Vorstellungen von einem schreibenden Künstler (fantasiereiche Exzentrik)? Auf diese drei Leitthemen sind die Einzelbetrachtungen verteilt (wobei der Zusammenhang zwischen Oberthemen und Fallbeispielen nicht immer ganz plausibel wird). Zu den ausgewählten Themenbereichen werden jeweils Belege aus den drei Textschichten nebeneinander gestellt und diskutiert, auf dass die postulierte Öffnungsbewegung allmählich hervortrete. So wird etwa gezeigt, wie die Komik in der ersten Fassung vor allem als scharfzüngige raillerie präsent ist, die im Rahmen höfisch-galanter Geselligkeitsformen bleibt, während sie sich in den späteren Fassungen auf weitere Bereiche ausbreitet und diese zunehmend "karnevalisiert". Ähnliches wird für den Bereich der christlichen Dogmen sowie die Strategien der klugen Privatpolitik festgestellt: Anfangs noch selbstverständlich akzeptierte religiöse Glaubensgrundsätze würden allmählich problematisiert und in ihren Widersprüchen offengelegt. Und das kluge beziehungsweise arglistige politische Verhalten lasse sich in den späten Fassungen nicht mehr, wie dies noch in der ersten Textschicht der Fall gewesen war, unzweideutig auf positive und negative Figuren verteilen.

Ein zweites Hauptkapitel beschäftigt sich mit den wohl bekanntesten (auch separat veröffentlichten) Episoden des Romans: jenen Passagen, in denen der Herzog, verschlüsselt und abgeändert, zeitgenössische Affären aus dem Umkreis der Welfen-Höfe erzählt. Dazu gehören die Geschichte von der "Prinzessin von Ahlden", Sophia Dorothea von Hannover, und ihrer tragischen Beziehung zum Grafen Königsmarck sowie die in den Roman eingebauten - authentischen - Memoiren von dessen Schwester Aurora von Königsmarck, der berühmten Mätresse des sächsischen Kurfürsten August des Starken. Diese in das Romangefüge eingeflochtenen, zuvor bereits von Christian Friedrich Hunold (Menantes) bearbeiteten Skandalgeschichten hatten die Neugier der zeitgenössischen Leser - und später das Interesse der Forschung - naturgemäß mehr als die anderen Lebensgeschichten der "Octavia" geweckt. Statt die positivistischen Entschlüsselungsarbeiten der älteren Forschung weiterzutreiben, zeigt Kraft, wie der Herzog die knifflige Situation, sich als zum Teil direkt in die Affären verwickelter Politiker zu den Vorgängen zu äußern, umschifft: indem er nämlich im Roman selbst die Gattung "Schlüsselerzählung" als problematisches, manipulierbares Genre darstellt. So wird in der "Octavia" geschildert, wie Kaiser Nero mit zu Propagandazwecken inszenierten Schauspielen, in denen sich die Zuschauer wiedererkennen sollten, scheitert. Und die übrigen, zum Teil tendenziös umgebogenen Schlüsselerzählungen werden, die Rezeptionssituation der Leser der "Octavia" vorwegnehmend, im Roman selbst kontrovers diskutiert. Auf diese Weise werde der allmächtige "monologische" Erzählgestus der ersten Fassung zunehmend aufgebrochen und relativiert - und der Autor von der alleinigen Verantwortung für die heiklen Schlüsselpassagen entlastet.

Der Konflikt zwischen den Rollen Anton Ulrichs als Herrscher und Künstler wird bei der Zeichnung Neros, einer der Hauptfiguren, besonders akut, gilt dieser doch als Musterbeispiel einer genialischen Künstlernatur, dessen staatsmännische Verantwortung seinem Wahnsinn preisgegeben wurde. Nero stellt gleichsam die fratzenartige Karikatur des in den Paratexten der "Octavia" entworfenen Bilds eines Fürsten als poeta doctus dar. Anton Ulrich zeigt die problematischen Widersprüche der Rollenkombination auf, ohne sie versöhnlich aufzulösen - wie Kraft zufolge überhaupt komplexe und widersprüchliche Figuren im Verlauf des Romans immer größeres Gewicht erhalten. Eine ähnliche Entwicklung hin zu vielschichtigen und unauflösbaren Charakterzeichnungen wird anhand der Thematik der "vernünftigen Liebe" exemplifiziert: Dieses in der Philosophie von Christian Thomasius kanonisierte Konzept spielt für die gesamte Literatur um 1700 eine zentrale Rolle, da es unter anderem die Grundlage für Affekttypologien und Darstellungen von Liebesbeziehungen - mithin das Substrat des Romans - bildet. Die Versuche Thomasius', einerseits die Dominanz der Vernunft und der "vernünftigen Liebe" zu propagieren, andererseits die Sinnlichkeit zu rehabilitieren, indem auf die Selbstregulierung der Affekte gezählt wird, enden in einer resignativen Aporie. Kraft zufolge kommt es bei Anton Ulrich zu analogen, letzlich unlösbaren Konflikten bei der Darstellung der Affekte: So zeichnet er in der letzten "Octavia"-Fassung mit dem Partherkönig Vologeses eine Figur, deren rasende Liebe zu einer Prinzessin "unvernünftig" bleibt und nicht geheilt wird. Damit emanzipierten sich, so Kraft, solche Romanfiguren von dem die Erzählung ursprünglich ordnenden Strukturschema der Affekttypologie, ohne dass sie schlüssig ins Handlungsgefüge integriert würden.

Besondere Beachtung wird in diesem Zusammenhang auch den über den Roman verstreuten Prophezeiungen und Orakeln gewidmet. In der Verwirrungsstruktur des höfisch-historischen Romans hatten sie den Helden traditionell als (rätselhafte oder klärende) Orientierungsmarken gedient und auf den providentiellen Verlauf der Geschichte vorausgedeutet. Während sie in der ersten Textschicht der "Octavia" auf diese Weise als retardierende Momente eingesetzt worden waren, werde in den weiteren Versionen die Vorsehung zunehmend problematisiert und die Eigenverantwortung der Figuren betont. Schließlich wird in der letzten Textstufe - von einem Orakel! - verkündet, dass der Ausgang der Geschichte zuvörderst in den Händen der Menschen selbst liege. Einen so gigantischen Romankosmos wie die "Octavia" zu einem Ende zu führen, ist naturgemäß schwierig. Die genannten zentrifugalen Bewegungen machen einen überzeugenden Schluss aber nahezu unmöglich. Kraft vergleicht das abrupte Ende des sechsten Bandes (1707) treffend mit einem Notdach, das man anstelle einer krönenden Kuppel einem monumentalen Zentralkirchenbau aufgesetzt habe. Anton Ulrich habe auf ein großes Finale abgezielt; die Eigendynamik der Figuren und die widerständigen Kräfte hätten sich aber einer abschließenden Zusammenführung entzogen. Die alte Form des höfisch-historischen Romans habe der neu gewonnenen Komplexität nicht mehr genügt, auch wenn Anton Ulrich noch daran festgehalten habe.

Als der betagte Welfen-Herzog zu Beginn des 18. Jahrhunderts um einen gültigen Schluss der "Octavia" rang, wirkte der Roman längst anachronistisch wie ein Dinosaurier aus einer vergangenen Zeit. Kraft liest nun die Unabgeschlossenheit der "Octavia" nicht als Scheitern, sondern als Konsequenz der von ihm diagnostizierten Entwicklung. Parallel zur zeitgenössischen eklektischen Philosophie entstanden, sei das Projekt gerade durch seine irritierende Offenheit ein adäquater Ausdruck der Umbruchsituation um 1700, und Anton Ulrich habe bewusst in Kauf genommen, dass die inhaltlichen Neuerungen das Gleichgewicht empfindlich störten. Dieses Fazit, auf das die ganze Argumentation hinausläuft, wirkt nach den Textstudien durchaus plausibel - und zudem sympathisch bescheiden, da der Verfasser kein postmodernes Lob fragmentarischer Vieldeutigkeit anstimmt, sondern die Ergebnisse bis zuletzt sorgfältig abwägt. Ob die These durch das Textmaterial insgesamt bestätigt wird und inwiefern die gewählten Beispiele repräsentativ für die Gesamtentwicklung der "Octavia" sind, mögen beschlagenere Kenner des Romans genauer beurteilen. (Haben vielleicht die nachweislich ziemlich frei arbeitenden Ko-Autoren auch etwas mit der Uneinheitlichkeit zu tun?) Krafts Verortung der "Römischen Octavia" nicht als monumentaler Barockroman, sondern als dynamisches Projekt, das sich im unstabilen Umfeld der Frühaufklärung entwickelte, ist jedenfalls überzeugend und befreit die halb vergessene "barocke Weltordnungsmaschine" gründlich vom literargeschichtlichen Staub. Wenn aber abschließend behauptet wird, Anton Ulrich habe mit dieser bewussten Offenheit den Zweifel von Voltaires "Candide" am aufklärerischen Optimismus prophetisch vorweggenommen, und die "Octavia" sei mit ihrem aporetischen Ende "ehrlicher" und konsequenter als etwa die versöhnlichen beziehungsweise gewaltsam herbeigeführten Dramenschlüsse Lessings, wird der Bogen unnötigerweise überspannt.

Statt solcher etwas plakativen Ausblicke wären die Beobachtungen vielleicht besser durch Hinweise auf innerliterarische Zusammenhänge zu erhärten. Viele der von Kraft aufgedeckten, zentrifugalen Tendenzen finden sich nämlich durchaus auch im vor oder zeitgleich zur "Octavia" entstandenen höfisch-historischen Roman in seiner französischen Spielart, auf die sich Anton Ulrich - der etwa mit Melle de Scudéry persönlich in Kontakt stand - ja ausdrücklich beruft. Ein kontrastierender Vergleich mit den poetologischen Konventionen dieser und anderer Romane, etwa den parallel zur "Octavia" entstandenen galanten Werken von August Bohse (Talander), wäre vermutlich aufschlussreich und könnte die These vom "neuen Wein in alten Schläuchen" unterstützen. Dabei könnte auch nachgeprüft werden, in welchem Maße sich die für die "Octavia" nachgezeichneten Wandlungen tatsächlich als Reflex von Entwicklungen der Frühaufklärung interpretieren lassen - und der Roman als "Seismograph für den Übergang vom Barock zur Aufklärung" -, und inwiefern sie durch innerliterarische und poetologische Entwicklungen bestimmt werden. Anders gesagt: Es fragt sich, um ein beliebiges Beispiel zu nehmen, ob etwa die Zunahme von komischen Figuren im Roman als Anzeichen von sich zersetzenden Normen, oder aber zunächst einmal als Übernahme von in anderen Werken erprobten literarischen Konventionen zu werten ist. Würde man die "Octavia" auf diese Weise in die allgemeine, internationale Romanentwicklung stellen, und sie weniger als monolithisches Einzelwerk betrachten, relativierten sich vielleicht einige der vermeintlich innovativen Züge etwas. Doch diese (hypothetischen) Anmerkungen zeigen nur, was für ein spannendes Forschungsgebiet, zu dem die vorliegende Arbeit einen anregenden, gut lesbaren Einstieg bieten kann, hier noch brachliegt.

Titelbild

Stephan Kraft: Geschlossenheit und Offenheit der "Römischen Octavia" von Herzog Anton Ulrich. "der roman macht ahn die ewigkeit gedencken, den er nimbt kein endt".
Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2004.
214 Seiten, 36,00 EUR.
ISBN-10: 3826026551

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch