Joseph Roths Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Berliner Dissertation, unter anderem betreut von Sander L. Gilman, hat es sich zum Ziel gesetzt, am Beispiel Joseph Roths zu untersuchen, wie jüdische Autoren sich zwischen 1918 und 1939 mit dem Phänomen des Antisemitismus auseinandersetzten. Immer wieder berücksichtigt (bzw. oft leider nur erwähnt) werden aber auch die Werke von Lion Feuchtwanger, Hugo Bettauer, Artur Landsberger, Mynona, Arnold Zweig, Alfred Döblin, Ernst Toller, Soma Morgenstern, Else Lasker-Schüler und Franz Werfel. Ihren Forschungseifer konzentriert die Arbeit auf drei Werke Roths, "Das Spinnennetz", "Juden auf Wanderschaft" und "Tarabas". Erhellende Einsichten ergeben sich dabei vor allem für die Exilzeit und die Phase von Roths Monarchismus. Gegen die Zwänge der mit dem Antisemitismus gegebenen ideologischen und rassischen Kategorisierung opponiert Roth durch nahezu postmoderne Selbstentwürfe, in denen er sich sieht als "ein Franzose aus dem Osten, ein Humanist, ein Rationalist mit Religion, ein Katholik mit jüdischem Gehirn, ein wirklicher Revolutionär." Die politische Lage schätzt Roth interessanterweise antizyklisch ein. 1923, als die Weimarer Republik auf ihre Stabilitätsphase zuging, verhielt er sich skeptisch. Nach der Zerstörung der Republik 1934 bildete Roth die Hoffnung aus, der Antisemitismus könne überwunden werden, wenn man Judentum und Christentum in eine theologische Abhängigkeit voneinander brächte. Aus dieser regressiven Position fand er schließlich keinen Ausweg mehr.

Geret Luhr

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Katharina Ochse: Joseph Roths Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus.
Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 1999.
ca. 320, 29,70 EUR.
ISBN-10: 3826013271

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