Aufs Maul geschaut

Herbert Rosendorfers Geschichten aus der Mitte der Welt

Von Ulrich KargerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Ulrich Karger

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Mitte der Welt liegt in München. Weniger für Herbert Rosendorfer als für die Protagonisten seiner zwölf Geschichten, die sich unter dem Titel "Absterbende Gemütlichkeit" nun auch als Taschenbuch erwerben lassen.

Was so manchem Münchner in den ersten Jahrzehnten der Nachkriegszeit die Gemütlichkeit absterben ließ, hat viel mit einer unheiligen Allianz aus rechthaberischem Chauvinismus und bornierter Ahnungslosigkeit zu tun. Solche Selbstgewißheit war und ist natürlich nicht nur in München zu finden, aber wie sich die Derendingers auf das Oktoberfest vorbereiten oder die Schlegelbergers ihre Oma während des Italienurlaubs auf einem Ausflug vergessen oder wie ein selbstverfasstes Buch zum unfreiwilligen Landleben führen kann, das zeugt schon von sehr eigenem Temperament und sehr eigener Diktion.

Und der als Kind "zuagroaste" Herbert Rosendorfer hat seinen Münchnern derart genau aufs Maul geschaut, dass sie von den anderen Münchnern gewiss wiedererkannt werden. Aber auch die Münchner, die sich in den Geschichten selber wiedererkennen, dürften dem Autor nicht ernsthaft böse sein, denn seine Geschichten sind auf höchstem, karl-valentinesken Niveau zwerchfellerschütternd. Also am besten nix anmerken lassen und einfach mitlachen!

Titelbild

Herbert Rosendorfer: Absterbende Gemütlichkeit. 12 Geschichten aus der Mitte der Welt.
Kiepenheuer & Witsch, Köln 1999.
255 Seiten, 8,60 EUR.
ISBN-10: 3462028634

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