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Karl August Böttigers Briefwechsel mit Auguste Duvau

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Briefwechsel von Karl August Böttiger (1760-1835) ist umfangreich. Man hat sich von Seite der Editoren entschieden, einzelne geschlossene Briefwechsel aus dem gesamten Briefwerk zu edieren. Eines der Ergebnisse liegt nun vor, der Briefwechsel mit Auguste Duvau (1771-1831).

Der von Goethe und Schiller ironischerweise als "Magister Ubique" bezeichnete Autor, Verleger, Übersetzer, Journalist, Hofmeister, Professor und Pädagoge war eben genau das: Er war überall. Er kannte sich auf vielen Spielfeldern der Kultur um 1800 aus. Daraus ergab sich seine Hauptfunktion im kulturellen Spannungsfeld Weimars um 1800. Er war ein Vermittler, ein Multiplikator zwischen den Disziplinen, zwischen den Menschen. Seinen Briefpartner Auguste Duvau kennt man schon aus den Briefwechseln mit Goethe, etwa aus der Regestausgabe der Briefe an Goethe. Duvau stand nicht nur mit Böttiger im Kontakt, sondern korrespondierte auch mit anderen Literaten des Weimarer Hofes. Nicht zuletzt zeugen die als Anhang beigegebenen Briefe Duvaus an Karl Ludwig von Knebel von diesen Aktivitäten.

Böttiger ist vor allem durch die nach seinem Tod erschienene Textsammlung "Literatische Zustände und Zeitgenossen. Begegnungen und Gespräche im klassischen Weimar" bekannt geblieben. Diese immer wieder als Fundgrube zu benutzende Sammlung für oft auch peinliche Alltäglichkeiten in Verbindung mit klassischer Literatur gibt die Rahmenbedingungen vor, mit denen man sich dem vorliegenden Briefwechsel nähert. Böttiger war ein nicht gerade von allen geschätzter Einwohner Weimars, konnte aber über die kleine Residenzstadt hinaus als Journalist internationales Ansehen erringen. Nicht zuletzt machen seine Beziehungen zu Frankreich und die Beförderung eines deutsch-französischen Kulturtransfers - der in dem vorliegenden Briefwechsel dokumentiert ist - die Konturierung kultureller Differenzen machen den Briefwechsel zu einem interessanten Studienobjekt eines "Experiment(s) der Amalgamierung fremder Kulturen", wie es in dem einleitenden Essay des Bands heißt. Dabei sind die Rollen in dem Briefwechsel deutlich verteilt. Auguste Duvau kam 1795 nach Weimar, um - wie viele andere auch - die dort lebenden Dichter und Gelehrten kennen zu lernen. Böttiger nahm ihn "an die Hand", verschaffte ihm Zutritt zu den wichtigsten Häusern Weimars während seines wenige Tage dauernden Aufenthalts. Im ersten abgedruckten und noch in Weimar verfassten Brief von Duvau an Böttiger bedankt sich dieser überschwänglich. Das Verhältnis der beiden sollte bis zum letzten Brief vom April 1828 immer das des Schülers Duvau zu seinem Lehrer Böttiger bleiben.

Der vorliegende Band enthält 104 Briefe aus dem Zeitraum 1795 bis 1829. Vorangestellt sind eine kurze Vorbemerkung und ein umfassendes Vorwort. Editorisch auf dem aktuellen Stand ihrer Wissenschaft vermerken die Herausgeber: "Register und Erläuterung bilden eine Einheit. Personen und Werke, die vom Text her eindeutig zu identifizieren sind, erscheinen nur im Register, wo sie kommentiert bzw. vollständig bibliographiert werden." Das Register wandelt sich dabei zu einer guten biografischen Quelle mit Lebensdaten und näheren Informationen zu den verzeichneten Personen, Periodika und Werktiteln. Damit wird der Kommentar erfreulich von bio- und bibliografischen Anmerkungen entlastet, und beim Benutzen des Bandes zeigt sich auch die Praktikabilität dieser Informationsverteilung im Anhang. Abkürzungs- und Siglenverzeichnis, Brieflisten und die auch noch als "Zugabe" edierten Briefe an Knebel ergänzen den Briefwechsel auf das erfreulichste. Sehr zugute kommt dem Band, dass bei der Kommentierung besonders berücksichtigt wurde, "bisher unerschlossene handschriftliche Quellen, insbesondere aus Korrespondenzen der Briefschreiber mit dritten Personen, zu erschließen. Zur Erläuterung historischer Ereignisse wurden vor allem Berichte in zeitgenössischen Tageszeitungen herangezogen."

Zu tadeln bleibt da kaum etwas. Ein ordentlicher Band zur Kulturgeschichte um 1800, zum Kulturtransfer Frankreich-Deutschland, zu den Zeitgenossen in Weimar im Allgemeinen und dem "Magister Ubique" im Besonderen. Dem Band seien ein paar Worte vom 31. Januar 1804 von des Magisters Briefpartner mit auf den Weg gegeben: "Erst Heute habe ich die Recension meiner Schrift in der Jenaischen Zeitung gelesen. Was that ich dabey? Ich lachte u zuckte die Achseln. - Jeder ausgesprochne Tadel ist ungerecht. Ich habe nichts vollständiges liefern können u wollen; aber schwerlich wird mich der Recensent über die Punkte belehren, die ich berührt habe."

Titelbild

Klaus Gerlach / René Sternke (Hg.): Ausgewählte Briefwechsel aus Karl August Böttigers Nachlaß. Böttigers Briefwechsel mit Auguste Duvau.
Akademie Verlag, Berlin 2004.
414 Seiten, 49,80 EUR.
ISBN-10: 3050037954

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