Unterschätzter Großvater

Thomas Mielke über den ersten Karolinger

Von Ulrich KargerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Ulrich Karger

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das an Jubiläen reiche Jahr 2000 wird unter anderem auch der Kaiserkrönung Karls des Großen in Aachen gedenken. Während Herrscher und Datum jedoch längst Teil der Allgemein- und Legendenbildung sind, wurde das Leben seines Großvaters bislang nur unter Historikern gewürdigt. Dabei ist Karl Martell ein gewichtiger politischer Wegbereiter seines Enkels und hat ihn womöglich an moralischer Integrität übertroffen.

Thomas R. P. Mielke legt mit "Karl Martell - Der erste Karolinger" nun eine Romanbiographie vor, die diesen "König ohne Krone" auch einem breiteren Publikum näher zu bringen vermag. Sie beginnt mit dem Tod Pippins II. und Karls Inhaftierung durch seine Stiefmutter Plektrud im Jahre 714. Der etwa 25-jährige kann sich jedoch dank einiger Getreuer befreien und sich mit ihrer Hilfe nur wenige Jahre später wieder in den Status eines Majordomus, eines vom König beauftragten Reichsverwalters erheben lassen. Am Ende seines Lebens hinterläßt er seinen Söhnen Karlmann und Pippin III. (dem Vater Karls des Großen) ein vervielfachtes, sogar halbwegs gefestigtes Herrschaftsgebiet. Bemerkenswert daran erscheint nicht zuletzt die Tatsache, daß "Karl der Hammer" sich bis zuletzt der Korruption und dem Eigennutz verweigert hat und so auch der Vereinnahmung durch Papst Gregor III. zu widerstehen vermochte.

Mielke hat dieses Werk auf der Grundlage umfangreicher Quellenstudien und Recherchen vor Ort verfaßt. Auf den ersten Seiten quillt es da sogar zu Lasten der Dramaturgie ein wenig über, aber dann reißen einen die anschaulich geschilderten Szenen mit, und man weiß sich am Ende sehr unterhaltsam und zugleich höchst fundiert über Umfeld, Leben und Wirken Karl Martells informiert. Den I-Punkt setzt im Anhang ein Stammbaum, der die sechs Geschlechter umfassende "Familienbande" verdeutlicht.

Titelbild

Thomas R. P. Mielke: Karl Martell - Der erste Karolinger.
Schneekluth Verlag, München 1999.
655 Seiten, 29,70 EUR.
ISBN-10: 379511585X

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