Der Filz explodiert

Horst Eckerts Kriminalroman "617 Grad Celsius"

Von Peter MohrRSS-Newsfeed neuer Artikel von Peter Mohr

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Bei rund 617 Grad wird ein Erdgas-Luft-Gemisch hochexplosiv und kann ein Wohnhaus zum Einsturz bringen. So geschehen in Horst Eckerts neuem Roman, der wieder in seiner Wahlheimat Düsseldorf angesiedelt ist und in dem er den Polit-Filz hochgehen lässt.

Acht illegale Arbeiter aus der Ukraine kommen bei der Explosion des abbruchreifen Hauses ums Leben. Die Ermittler stoßen bei ihren Arbeiten noch auf eine weitere Leiche. Direkt am Explosionsherd wird der Künstler Peter Uhlig tot aufgefunden.

Horst Eckert, 1959 im oberpfälzischen Weiden geboren und viele Jahre als TV-Journalist tätig, verzahnt in seinem achten Krimi zwei Fälle miteinander. Die Kommissarin Anna Winkler stellt bei ihren Recherchen fest, dass es Verbindungen zu einem weiteren Mordfall gibt. Der junge, hochtalentierte Maler Daniel war zuvor auf bestialische Weise umgebracht worden. Ein Täter war schnell gefasst und auch rechtskräftig verurteilt worden.

Doch bei Anna Winkler, die mit dem Ermordeten persönlich gut bekannt war, mehren sich Zweifel, ob der richtige Mann hinter Schloss und Riegel sitzt. Je intensiver sie den alten Fall aufrollt, umso stärker gerät ihr festgefügtes Weltbild ins Wanken. Die beiden Toten waren homosexuell, und die Ermittlungen führen die von permanenten Schlafstörungen gepeinigte Protagonistin in die Beletage der Landespolitik.

Bei Horst Eckert marschieren der recherchierende Journalist und der fabulierende Schriftsteller im literarischen Gleichschritt. "Vielleicht war es mir ein gewisses Bedürfnis, den Job eines Berufspolitikers zu beleuchten, nachdem ich als Journalist fünfzehn Jahre lang solche Leute beobachtet und begleitet habe", erklärte Eckert zu seinem neuen Roman, der in einen blutigen Sumpf aus Lebenslügen, Korruption und Egoismen mündet.

Der fiktive Ministerpräsident Uwe Strom, der um seine Wiederwahl kämpft, gerät immer stärker ins Fadenkreuz von Anna Winklers Ermittlungen. Hier hat Eckert allerdings die Glaubwürdigkeit seiner Handlung zugunsten einer psychologisch durchaus reizvoll konstruierten Lebenskrise seiner Protagonistin geopfert. Landesvater Storm ist nämlich der Onkel der Ermittlerin, die später auch noch ihren Vater, einen nicht minder dubiosen Landtagsabgeordneten und ehemaligen Polizisten aufs Korn nimmt. In der Fiktion ist fraglos alles erlaubt - selbst eine menschlich tief getroffene Kripobeamtin, die in der Realität wegen Befangenheit vom Fall abgezogen worden wäre.

"617 Grad Celsius" reicht weiter über das Krimigenre hinaus und ist ein hochmoralischer Roman, in dem Horst Eckert ganz offen die Degeneration tradierter Werte beklagt.

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Horst Eckert: 617 Grad Celsius. Kriminalroman.
Grafit Verlag, Dortmund 2005.
317 Seiten, 9,50 EUR.
ISBN-10: 3894252979

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