Von 1001 Nacht bis Harry Potter: Stefan Neuhaus hat eine Gattungsgeschichte des Märchens geschrieben

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Märchen gehören zu den populärsten literarischen Gattungen. Auf der stofflichen Grundlage antiker und mittelalterlicher Literatur bildete sich eine vielfältige Tradition, die am Anfang des 19. Jahrhunderts mit den "Kinder- und Hausmärchen" der Brüder Grimm stark normiert wurde. Der Band diskutiert die übliche Aufteilung in Volks- und Kunstmärchen und skizziert die Versuche volkskundlicher, sozialgeschichtlicher, strukturaler und psychoanalytischer Interpreten, die Gattung näher zu charakterisieren. Auf dieser Grundlage wird ein eigener Ansatz entwickelt, der stärker als bisher die gemeinsamen Merkmale von Märchentexten herausarbeitet und das spezifisch Literarische der Gattung betont. Die Entwicklung des Märchens wird in 38 Einzelkapiteln zu Märchenautoren und ihren Texten nachgezeichnet, chronologisch reicht das Spektrum von den "Erzählungen aus den Tausendundein Nächten" (ca. 8.-10. Jhd.) bis zu Cornelia Funkes "Tintenherz" (2003). Dabei zeigt sich, insbesondere seit Beginn des 20. Jahrhunderts, die große Nähe des Märchens zur fantastischen Literatur und zur Kinder- und Jugendliteratur, die in der Märchenforschung bisher keine Rolle gespielt hat.

S. N.

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Titelbild

Stefan Neuhaus: Märchen.
Francke Verlag, Tübingen und Basel 2005.
391 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-10: 382522693X

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