Im Schrank

Im zweiten Teil von C.S. Lewis' "Die Chroniken von Narnia" geht es kriegerisch zu

Von Wolfgang HaanRSS-Newsfeed neuer Artikel von Wolfgang Haan

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Eiskalt erwischt

"Rufe sie auf! Die Riesen und Werwölfe ... Die Gespenster und Menschenfresser ... die Vampire und Dämonen ... die Hexen, Furien und das Volk der Giftpilze." Mit diesen Worten ruft die böse Hexe ihre Untertanen zum finalen Kampf auf. Denn kriegerisch geht's zu im "König von Narnia", dem zweiten Teil der "Chroniken von Narnia".

Der erste Teil, "Das Wunder von Narnia", erzählte von der abenteuerlichen Reise Digorys und Pollys, der Entstehung von Narnia und wie die böse Hexe dort hin gelangte. Viele Jahre später hat die Hexe soviel Macht erlangt, dass sie das einst blühende Land in eine Eiswüste verwandelt hat. Doch schon ist der Löwe Aslan auf dem Weg, den Bann zu brechen. Aber er alleine kann es nicht schaffen. Nach einer alten Prophezeiung kann dies nur mit Hilfe von "Adamssöhnen" und "Evastöchtern" geschehen. Doch wie sollen diese Menschen nach Narnia gelangen?

Ein Portal öffnet sich

Beim Versteckspiel verkriecht sich Lucie in einen uralten Schrank. Aber anstatt gegen die hölzerne Rückwand zu stoßen, stellt sich der Schrank als eine Tür in eine andere Welt heraus. Wie sie vom Faun Tumnus erfährt, handelt es sich dabei um Narnia. Aufgeregt kehrt sie zu ihren Geschwistern zurück, um von diesem Wunder zu berichten. Doch niemand glaubt ihr. Als sich jedoch zu einer späteren Gelegenheit alle vier Geschwister im Schrank verbergen wollen, gelangen sie gemeinsam in das verhexte Land. Einer alten Prophezeiung gemäß kann der Zauber nur gemeinsam von vier Menschen gebrochen werden. Was noch keiner ahnt: Edmund steht bereits unter dem Einfluss der bösen Hexe.

Edmund hat als einziger der vier noch nicht seinen Platz in der Welt gefunden. Peter, den ältesten Bruder, kann man sich gut als Ritter in glänzender Rüstung mit allen typischen Attributen vorstellen. Susan, die älteste Schwester, zeichnet sich durch ihre Vorsicht, Tat- und Entschlusskraft aus und Lucie ist neugierig, weltoffen, tolerant und bemüht, Frieden zu stiften. Edmund hingegen hat keine Freunde und ist sowohl in der Schule als auch in seiner Familie der Außenseiter. So ist er den vermeintlich freundlichen Einflüsterungen der Hexe gegenüber aufgeschlossen und erkennt erst spät ihre tatsächlichen Beweggründe. Mit Hilfe seiner Geschwister und Aslan findet zuletzt auch Edmund einen Weg, sich selbst treu zu bleiben und seiner Familie und neu gewonnenen Freunden zu helfen.

Es liest, Aslan sei Dank, Philipp Schepmann

Wer bereits "Wunder von Narnia" gehört hat, dem ist die Person der bösen Hexe schon vertraut. Aber sie hat sich geändert, ist mächtiger und noch böser geworden. Dieser Entwicklung trägt Philipp Schepmann besondere Rechnung. Im ersten Teil schien die Hexe manchmal verunsichert, ja ängstlich oder verwirrt. Dies hat sich nun vollständig geändert. Sie ist sich ihrer Macht bewusst und spielt diese gnadenlos aus. Gleichzeitig lassen ihr Größenwahn und ihre Verblendung nicht zu, Fehler einzugestehen oder ihre Taktik zu ändern. Diesen Wahnsinn bringt Philipp Schepmann gekonnt zum Ausdruck. Die Stimme der Hexe klingt schrill und durchdringend, befehlsgewohnt, keinen Widerspruch duldend. Ihre Gemeinheit und Niederträchtigkeit kristallisiert sich in jedem einzelnen Ton. Aslans Stimme hingegen klingt tief, sonor, beruhigend und vertrauenserweckend. Aber Philipp Schepmann unterlegt diesen väterlichen Ton noch mit einem kaum hörbaren, klitzekleinen, so gar nicht zu einem gütigen Herrscher passenden Unterton. Dieser klingt gefährlich, drohend, einschüchternd, Gehorsam und Gefolgschaft einfordernd und signalisiert: "Vorsicht - reiz mich nicht. Denn sonst kann ich auch anders. Und das wird dir bestimmt nicht gefallen!"

Dass seine Stimme perfekt den Werdegang Edmunds vom quengeligen, armen missverstanden Jungen zum entschlossenen, wagemutigen Kämpfer für Recht und Gerechtigkeit wiederspiegelt, wird vom Hörer schon fast als selbstverständlich vorausgesetzt.


Titelbild

C. S. Lewis: Der König von Narnia. Gelesen von Philipp Schepmann.
Übersetzt aus dem Englischen von Christian Rendel.
Brendow Verlag, Moers 2005.
220 Minuten, 19,90 EUR.
ISBN-10: 3870679085

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