Der Esel von Weimar

Eine Dokumentation zur Rezeptionsgeschichte von Jakob Michael Reinhold Lenz

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Drei Teile der Dokumentation sind bereits vor einiger Zeit erschienen, jetzt legt Peter Müller den vierten und voraussichtlich wohl letzten Teil seiner umfangreichen Dokumentation zur Rezeptionsgeschichte von Lenz im Peter Lang Verlag vor. Ungefähr 700 Seiten Dokumente, dazu ein umfangreicher Anhang, ein Personenregister zum vorliegenden Band und ein übergreifendes Werkregister zu den Rezeptionsdokumenten. Hinzu kommen illustrierende Abbildungen und eine lesenswerte Beilage, die den Schluss des Bands bildet: "Beilage: Daß die Zufriedenheit nicht von denen äußerlichen Veränderungen des Glüks, der Zeit, und des Alters, sondern von der innern Beschaffenheit des Herzens herkomme wurde in einer öffentlichen Rede d. 1sten, 1765 bewiesen von Jacob Michael Reinhold Lenz. Dorpat, den 1sten Januar 1765".

Dieser Band ist der seit längerem erwartete ergänzende Band der umfangreichen Dokumentation zur Lenz-Rezeption. Dass man in den ersten Bänden schon teilweise nahezu unerreichbare Quellen findet, darauf müsste nicht noch einmal hingewiesen werden, wenn nicht der vierte Band noch einmal einen großen Teil neu gefundener Dokumente enthielte. Auf den vermeintlich unverständlichen Verzicht auf die Dokumentation der Lenz-Rezeption des 20. Jahrhunderts geht der Herausgeber in der "Editorischen Notiz" zu Beginn des Bands ein: " Teil IV schließt unsere Dokumentation von Texten der Lenz-Rezeption ab, deren drei erste Teile 1995 erschienen sind. Er ergänzt und erweitert durch neue Funde den Bestand an gedruckten Rezensionen, Briefen, Äußerungen von Zeitgenossen zum 18. und 19. Jahrhundert; auf Texte des 20. Jahrhunderts wurde aus Platz- und urheberrechtlichen Gründen verzichtet."

Dass der Herausgeber in diesem vierten Band noch einmal so umfangreiches neues Material vorlegen konnte, ist letztendlich intensiven Forschungen und Recherchen zu verdanken, die den zeitlichen Abstand zu dem Erscheinen der vorherigen Bände erklären. Dass dabei die zeitlichen Umstände eine Rolle spielen, wird jeder Literaturwissenschaftler, der in Archiven forscht, bestätigen. Im Falle der Rezeptionsgeschichte von Lenz und dem vorliegenden Dokumentationsband ist dies die "Entdeckung" von Archivbeständen, die aus den Augen verloren wurden - bedingt durch die Zeitverhältnisse: "In Archive versunkenes handschriftliches Material zur Lenz-Forschung präsentiert der umfangreiche Textkorpus zum 19. Jahrhundert. Wir verdanken die Mehrzahl der Handschriften dem Weinhold-Archiv in Krakau und der Sammlung von Lenzianis in Riga. Das kriegsbedingte, heute in der Biblioteka Jagellionska in Krakau deponierte und dort sorgfältig betreute Archiv Karl Weinholds, prall gefüllt auch mit Lenz-Materialien, geriet nach dessen Tode 1901 fast in Vergessenheit."

Aus den genannten Beständen konnten viele Dokumente nutzbringend für die Rezeptionsgeschichte dem gegenwärtigen Leser zugänglich gemacht werden. Außerdem stellen die verschiedenen Register und Verzeichnisse des Bands zusätzliche Hilfsmittel zur Verfügung, um auf die Materialien dieses und der vorangehenden drei Bände zuzugreifen. Zwar könnte man sich vorstellen, das ein elektronisches Register nutzbringender und vielleicht einfacher zu handhaben wäre, aber diesbezüglich sollte man sich bescheiden und eher froh über die kaum Wünsche offen lassende Dokumentation der Rezeptionsgeschichte von Lenz im 18. und 19. Jahrhundert sein. Hier hat der Herausgeber ähnlich exemplarische Arbeit geleistet wie Karl Robert Mandelkow mit seinem Werk "Goethe im Urteil seiner Kritiker".

Die vorliegende Publikation ist daher nicht nur der Abschluss einer vorbildlichen Dokumentation zur Literatur- und Rezeptionsgeschichte von Jakob Michael Reinhold Lenz, sondern bietet in den zeit- und kulturgeschichtlichen Reflexen der Rezeption eines Autors der Goethezeit auch eine Quellensammlung über die direkte Bedeutung des Autors hinaus in den Bereich kulturwissenschaftlicher Forschungsansätze. Zusammenfassend: ein ordentlich edierter Band mit umfassenden, für die Forschung unverzichtbaren und nutzbringenden Dokumenten.


Titelbild

Peter Müller (Hg.): Jakob Michael Reinhold Lenz im Urteil dreier Jahrhunderte. Texte der Rezeption von Werk und Persönlichkeit 18. - 20. Jahrhundert.
Peter Lang Verlag, Frankfurt a. M. 2005.
718 Seiten, 89,70 EUR.
ISBN-10: 303910473X

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