Psychothrill - leicht gemacht

Saskia Noorts Küstenkrimi "Das dunkle Haus"

Von Julia SchusterRSS-Newsfeed neuer Artikel von Julia Schuster

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Um ein Bestseller zu werden, braucht ein Kriminalroman augenscheinlich nicht mehr als ein paar wesentliche Elemente zu berücksichtigen. Die niederländische Journalistin Saskia Noort hat ihren Roman, der in Holland auf Anhieb den Sprung in die Bestsellerlisten schaffte, aus den obligatorischen Thriller-Bausteinen konstruiert:

1. Eine sympathische Heldin

Maria Vos, die chaotisch-liebenswerte Ich-Erzählerin, ist Sängerin einer mittelmäßigen Rockband und Mutter von zwei Kindern. Nach einer Abtreibung erhält sie plötzlich Drohbriefe: "Maria! Du bist eine Natter. Eine Schlampe, die ihr Kind ermordet hat. Du bist es nicht wert, Kinder zu haben. Du bist es nicht wert zu leben. Seit Jahren verfolge ich dich. Du musst bestraft werden, Hure!" Maria vermutet zunächst, dass ein militanter Abtreibungsgegner hinter der Sache steckt, doch alles deutet darauf hin, dass ihr Peiniger im engeren persönlichen Umfeld zu suchen ist.

2. Eine Handvoll Verdächtige

Schon bald weiß Maria nicht mehr, wem sie trauen kann. Steckt ihr langjähriger Lebenspartner und Vater ihres abgetriebenen Kindes hinter den Drohungen? Ihr Exfreund, der plötzlich nach Jahren wieder in der Stadt ist? Oder der Schwager, der in finanziellen Schwierigkeiten steckt und von ihrem Tod profitieren würde?

3. Ein einsames, sturmumbraustes Haus am Meer

Als die Drohungen immer abscheulicher werden, beschließt Maria, zu ihrer Schwester zu fliehen. Der Schauplatz wechselt vom Amsterdamer Stadthaus zu ihrem Elternhaus an der Küste, das, dem Buchtitel zum Trotz, gar nicht so dunkel ist, sondern ein "Yuppie-Palast mit viel Holz, Leder und Leinen".

4. Traumatische Kindheitserlebnisse

Hier zurück im Haus ihrer Kindheit wird Maria mit Erinnerungen an ihre toten Eltern konfrontiert: "Ich hörte, wie meine Mutter vor Angst und Wut tobte, wie sie schreiend zuschlug, das ekelhafte Geräusch von Eisen auf Fleisch, das schwächer werdende Röcheln meines Vaters. Ich versuchte mit aller Kraft die Augen zu öffnen, aber es ging nicht." Als die Morddrohungen Maria auch hier erreichen, fürchtet sie allmählich um ihren Verstand: Die Polizei glaubt ihr nicht, hält sie für paranoid. Sie selbst weiß nicht mehr wie ihr geschieht: "Das Bett war klatschnass. Meine Haare klebten mir im Gesicht. Ich erwachte in einem feuchten Bademantel, klamm vor Kälte. Etwas war mit meinem Kopf. Über der linken Schläfe pochte und brannte es. Ich griff mir an die Stirn und fasste mit den Fingern in etwas Schmieriges. Blut. Alles war voll damit. [...] Was um Gottes Willen war hier vor sich gegangen?"

5. Ein überraschendes Ende mit fulminantem Showdown

Das im Klappentext angekündigte "sehr überraschende Ende" kommt für den geübten Krimileser zwar nicht allzu unerwartet, kulminiert jedoch ordnungsgemäß im Zweikampf zwischen Gut und Böse.

Es ist fürwahr erstaunlich, wie gut die triviale Inszenierung nach Thriller-Schema F funktioniert: Saskia Noorts Roman fesselt von der ersten bis zur letzten Seite. Dass einen die Story nicht mehr loslässt, ist nicht zuletzt der sympathischen Protagonistin zu verdanken, die zugleich coole Sängerin, chaotische Mutter und verzweifeltes Opfer ist. "Das dunkle Haus" ist ein leichtverdaulicher Psychothriller, der auch in Deutschland seine Fans finden wird. Nicht umsonst ist Saskia Noort in den Niederlanden bereits die meistverkaufte Autorin nach Dan Brown.


Titelbild

Saskia Noort: Das dunkle Haus. Roman.
Übersetzt aus dem Niederländischen von Annette Wunschel.
Wunderlich Verlag, Reinbek bei Hamburg 2005.
301 Seiten, 17,90 EUR.
ISBN-10: 3805207980

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