Irrgänge und textuelle Umgehungen - Klaus Bonns "Replika. Lektüren verbaler Halluzination."

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Band enthält Replika, Essays, Nachbildungen, Anknüpfungen zu Texten, zu einer Filmerzählung von Ettore Scola auch und einer Trickfilmfigur, dem Rosaroten Panther.

Der Titel umfasst die transtextuellen Bezugnahmen von Schreibenden auf andere Schreibende, seien sie eingestandener oder uneingestandener Art, mit Absicht inszeniert oder 'eben so' unterlaufen.

Die verbale Halluzination assoziiert die Gänge, Irrgänge, Umgehungen auch jener unaufhörlich nach Sinn vorantastenden metonymischen Arbeit des Lesens mit den von den begünstigten Texturen ausgesetzten Effekten, die solche Arbeit erst in Bewegung bringen. An verbal Halluzinatorischem hat Gottfried Benns Vorstellung vom "Ahnungslicht" ebenso teil wie Paul Celans "Rauschelbeere", Hugo von Hofmannsthals Mund voll "modriger Pilze" genauso wie die fixe Figur einer "Figur im Teppich" bei Henry James. Die affektiven Sprachschübe und aufgestockten Schweigeperioden der Figuren Adalbert Stifters sind Margen einer verbalen Halluzination wie die ausgetüftelte, monologisch wuchernde Rede des Generals gegenüber dem Jugendfreund bei Sándor Márai, wie Robert Walsers Schreib- und Redehemmungen und W. G. Sebalds Zwangsvorstellung einer Verknüpfung von Zufällen zu einer unfasslichen Ordnung. Die Halluzination sitzt in J. P. Hebels Höhlenschläfer ebenso wie in Kafkas Visionen von Mädchengesichtern.

Neben den Genannten geht es in den Versuchen u. a. um Texte von Goethe, Ingeborg Bachmann, Thomas Mann, Fleur Jaeggy, Zsuzsa Bánk, Yoel Hoffmann, Descartes, Stendhal, Nietzsche und László Földényi.

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K. B.


Titelbild

Klaus Bonn: Replika. Lektüren verbaler Halluzination.
Aisthesis Verlag, Bielefeld 2006.
171 Seiten, 17,80 EUR.
ISBN-10: 3895285560

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