Der Jakobsweg zum Hören

Klaus Herbers über das Pilgern im Mittelalter

Von Tanja von WernerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Tanja von Werner

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Sich auf den Weg nach Santiago di Compostela machen, auf eine Reiseroute voller Überraschungen und Traditionen, einen Weg, den schon Hunderte vor unserer Zeit eingeschlagen haben, neugierig und weltgewandt, Gott und Risiken zugleich ergeben, das ist der Weg, den Klaus Herbers sich erneut anschickt fachmännisch auszukundschaften.

In einer Zeit, in der das Pilgern nach Santiago di Compostela wiederentdeckt wurde und Hörbücher sich wachsender Beliebtheit erfreuen, überrascht es auch keineswegs, dass dieses Vorhaben nunmehr via Tonaufzeichnung umgesetzt wird.

Rund 72 Minuten nimmt sich der als Sachkenner dieses altehrwürdigen Pilgerwegs ausgewiesene Herbers (u.a. „Jakobus – der Heilige Europas“, „Jakobsweg. Geschichte und Kultur einer Pilgerfahrt“, „Der Jakobuskult des 12. Jahrhunderts und der ‘Liber Sancti Jacobi’“) Zeit, seinen Zuhörer auf diesem Weg zu begleiten und ihn mit grundlegenden Informationen über den Jakobsweg zu versehen.

Die Herausarbeitung des Wesentlichen ist denn wohl auch die vornehmliche Aufgabe der vorliegenden CD, denn mehr vermag sie in ihrer zeitlichen Begrenzung auch nicht zu leisten. Sie als „Quasi-Appetizer“ aber zu missachten, würde ihr dennoch nicht gerecht werden, denn wenn sie auch eine knappe, leichte, unbeschwerte Einführung über das mehr oder minder ehrwürdige Pilgern nach Santiago gibt, so ist es dennoch eine gekonnte, sachkundige Einführung, die sich mit den wesentlichen Aspekten der Pilgerfahrt auseinandersetzt, sie sozusagen à point präsentiert:

In insgesamt 11 Kapiteln setzt sich der Autor mit dem Pilgern im Mittelalter generell auseinander, klärt auf, woher der Begriff stammt, was das Ziel einer solchen Peregrinatio war, und wie es überhaupt dazu kam, dass sich Santiago zu einer derartig bedeutsamen Pilgerstätte entwickelte. Er beleuchtet nicht nur den „Liber Santi Jacobi“, sondern auch die politischen Entwicklungen auf der iberischen Halbinsel und die damit verbundene klerikale und weltliche Propaganda. Herbers wird so zu einem Tourguide, dem der Zuhörer leichtfüßig auf unwegsamen Straßen folgt, Straßen auf denen Räuber lauern, an denen zwielichtige Herbergen liegen, deren Wirtsleute naive Pilger übervorteilen. Herbert weiß jedoch auch von anderen Gesichtern der Pilgerfahrt zu berichten: ihrer wirtschaftlichen Seite und den Veränderungen, welche die Peregrinatio im Spätmittelalter durchgemacht hat. Exemplarisch beleuchtet er diverse Pilgerfahrten, u.a. des Johannes Münzer, eines Nürnberger Arztes, Humanisten und Kosmosgraphen. Gleichsam im Vorübergehen wird die Situation am Vorabend der Reformation gestreift.

Kurz, die Hör-CD ist eigentlich die Vertonung eines Kondensats von Herbers „Jakobsweg. Geschichte einer Pilgerfahrt“, ab und an etwas ausführlicher und aus weiteren Werken des Autors schöpfend, ja ihn wortwörtlich zitierend. Wer aber das eine Buch schon sein eigen nennt, muss sich diese CD nicht zusätzlich zulegen – es sei denn, er will jemanden, der sich noch nie mit dem Thema beschäftigt hat, für den Jakobsweg und seine Geschichte begeistern.

Ein Beitrag aus der Mittelalter-Redaktion der Universität Marburg

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Klaus Herbers: Pilgern nach Santiago. Der Jakobsweg im Mittelalter.
Primus Verlag, Darmstadt 2011.
1 CD, 12,90 EUR.
ISBN-13: 9783654601793

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