Harry Potter-Parodie für Pubertierende

Da hilft kein Zaubertrank: Michael Gerber hat eine gute Idee denkbar schlecht umgesetzt

Von Hannelore PiehlerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Hannelore Piehler

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Eine Parodie auf Harry Potter? Klasse Idee. Der Amerikaner Michael Gerber hat sich mit "Barry Trotter und die schamlose Parodie" daran versucht. Das Titelbild wirkt durchaus interessant: Ein Junge mit einer Narbe auf der Stirn liest in einem Buch mit einem Jungen mit einer Narbe auf der Stirn. Und so weiter. Die Narbe wiederum hat die Form eines mit einem Fragezeichen kombinierten Ausrufezeichens. Wahlweise könnte sie auch als umgedrehtes Dollarzeichen interpretiert werden. Das lässt sich gut an, könnte man meinen: Selbstreflexiv also das Ganze? Mit schönen Spitzen gegen den Potter-Marketing-Rummel?

Auch der Plot klingt viel versprechend: Barry Trotter muss nicht nur den bösen Lord Valumart vernichten, sondern Horden rabiater Fans entkommen und vor allem den Kampf mit der weit mächtigeren Macht Hollywood aufnehmen, da Wagner Bros. Barrys Leben verfilmen will. Die Vorfreude auf eine kluge, gelungene Satire, die der Klappentext schürt, zerrinnt allerdings schnell. Dass die Namen aus dem Rowling-Zauberer-Kosmos verballhornt werden, ist klar. Aus Muggeln werden denn auch Muddel, aus Hogwart wird Hogwash, aus Griffyndor wird Grittyfloor, aus Hermine wird Hermeline, aus Ron wird Lon. Mitunter, etwa wenn aus Professor McGonagall McGoogle wird, hat das durchaus Witz. Doch leider hat Autor Michael Gerber damit auch schon sein Potenzial an Originalität ausgeschöpft. Was sonst noch folgt, sind vor allem gezielte Schläge unter die Gürtellinie. Also: Die maulende Myrte wird zur furzenden Fanny, die Winkelgasse zur Pinkelgasse und von Dumbledore/Bumblemore, nebenbei auch als tumber Lüstling dargestellt, heißt es beispielsweise: "Wie die Leser von ,Barry Trotter und der Pinkelpott des Schreckens' bereits wissen, verrichtete Bumblemore seine Notdurft häufig in einer erstaunlich lebensechten Porzellannachbildung von Barrys Kopf. Bumblemore hatte den Topf in den Flur gestellt, damit ein Hauself ihn leeren konnte, und wie ferngesteuert stieß Lon mit dem Schienbein dagegen, so dass er die Treppe hinunterfiel, zerschellte und seinen Inhalt verspritzte." Und so weiter. Keine 30 Seiten und es ist klar, dass die Scherze der "Parodie" sich auf öde Zoten beschränken. Zielgruppe sind offenbar Pubertierende, dem Fan-Alter der Harry Potter-Romane gerade entwachsen und voller Lust am Ekel und vermeintlicher Provokation. Aber soll der Witz dieser "Satire" sich wirklich in Fäkalien bemessen lassen?

In einer "Anmerkung des Verlegers" wird zumindest vorab schon mal auf die schlechte Qualität, die platten Scherze und die schmutzigen Witze des Buches hingewiesen. Das sollte man nicht als Ironie auffassen, sondern ernst nehmen. In einer Art Nachwort erklärt Autor Michael Gerber, dass sein Buch wohl "viele verärgern oder verunsichern wird". Ersteres gewiss: Der Preis von 17,90 Euro ist für ein solch langweiliges Buch einfach ärgerlich. Ein "literarisches Schelmenstück", so der Klappentext vollmundig, sieht jedenfalls anders aus.

Dennoch gibt es inzwischen einen zweiten Teil: "Barry Trotter und die überflüssige Fortsetzung". So überflüssig wie die peinliche Parodie.

Titelbild

Michael Gerber: Barry Trotter und die schamlose Parodie.
Übersetzt aus dem Englischen von Heinrich Anders und Tina Hohl.
Europa Verlag, Hamburg 2003.
318 Seiten, 17,90 EUR.
ISBN-10: 3203775050

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